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DDMRP – Bedarfsorientiertes SCM statt klassischer Forecastings?

von Claus

Ein professionelles Supply-Chain-Planning (SCP) fußt auf detaillierten Vorhersagen zur Nachfrage- und Marktentwicklung. Die Genauigkeit dieser leidet vor dem Hintergrund volatiler und agiler Märkte sowie wachsender Produktportfolios jedoch zunehmend. Eine kunden- bzw. bedarfsgesteuerte Planung soll die Unternehmensperformance maßgeblich verbessern.

Der klassische Supply-Chain-Planungsansatz “Material Requirements Planning” (MRP) ermittelt anhand von Prognosedaten, welche Waren wann wo gebraucht werden. Das wirtschaftliche Planungsumfeld unterliegt jedoch einem starken Wandel, weswegen valide Nachfrageprognosen immer schwieriger werden. Nicht nur der Bullwhip-Effekt kann dazu führen, dass die prognostizierte Nachfrage ausbleibt. Auch immer kürzere Produktlebenszyklen und die steigenden Ansprüche der Verbraucher stellen die Verantwortlichen zusätzlich vor eine große Herausforderung.

Kunde im Fokus

Der Demand-Driven Material Requirements Planning-Ansatz (DDMRP) soll eine sehr gute Lieferfähigkeit bei gleichzeitig kurzen Durchlaufzeiten realisieren. Die Agilität innerhalb der Lieferkette soll erhöht und Unternehmen vor zu hohen Kosten auf Grund überdimensionierter Bestände geschützt werden. Bei DDMRP geschieht dies mithilfe eines Puffers bzw. mehrerer Puffer-Zonen entlang der gesamten Supply Chain. Diese sollen mögliche Bedarfsschwankungen abfedern und somit mögliche Fehler in den Vorhersagen ausgleichen.

Bei diesem nachfrageorientierten Ansatz basiert die Lieferkettenplanung ausschließlich auf tatsächlich getätigten Bestellungen, plus Puffer. Nach dem Pull-Prinzip wird jede Station innerhalb der Lieferkette gerade mit der Menge versorgt, die tatsächlich benötigt wird. Dank einer entsprechenden Software wird stets ein an die Nachfrage angepasster Bestand von Waren vorgehalten. Wird eine kritische Menge unterschritten, wird automatisch nachgeordert, so dass für künftige Bestellungen die Lieferfähigkeit wieder gewährleistet ist.

Bedarfsgesteuerte Planung in der Praxis

In der Praxis sieht DDMRP wie folgt aus: Disponenten produzieren oder ordern ihren Bedarf nicht länger auf Basis einer Materialprognose. Sie gleichen mit Hilfe der sogenannten Net Flow Position-Formel Kundenaufträge und vorliegende Bestellungen mit dem vorrätigen Bestand ab. Material oder Waren, welche noch die Qualitätskontrolle durchlaufen müssen, werden dabei nicht berücksichtigt. Die Net Flow Position errechnet sich dabei wie folgt:

Vorrätiger Bestand + geplante Wareneingänge – Kundenaufträge = Net Flow Position

Die Net Flow Position sagt dabei aus, welche Menge jeden Materials noch vorrätig ist. Sinkt der Wert unter eine definierte Grenze, wird ein Bestellprozess angeregt oder abhängig vom IT-System automatisch ausgelöst.

Dieses Prozedere beantwortet damit die vier wichtigsten Fragen der Bedarfsplanung:

  1. Welche Waren sind vorrätig?
  2. Welche Waren sind bereits geordert?
  3. Welchen Bedarf gilt es kurzfristig zu erfüllen?
  4. Welche zukünftige Nachfrage ist relevant?

Durch die Gruppierung der verschiedenen Waren/des Materials können Disponenten im IT-System einsehen, welche Positionen eine unmittelbare Handlung (direkte Bestellung) oder die Aufmerksamkeit (bei weiteren Auftragseingängen muss bestellt werden) erfordern.

Vorteile von DDMRP

Vorteile der Supply Chain Planung nach DDMRPs sind, dass Schwankungen innerhalb der Lieferkette minimiert und der Materialfluss stabilisiert werden. Der Pull-Ansatz, lediglich Waren oder Material zu ordern, wenn diese auch abgenommen werden, senkt darüber hinaus die Kosten im Bereich Beschaffung und Lager. Eine Untersuchung des Beratungsunternehmens CAMLEOT, in der mehrere DDMRP-Supply Chains untersucht wurden, zeigte, dass im Vergleich zu traditionellen Supply-Chain-Managementansätzen bis zu 50 Prozent weniger Bestand vorgehalten werden musste. Die Lieferfähigkeit in den untersuchten Lieferketten lag dabei bei kontinuierlich mehr als 97 Prozent und die Durchlaufzeiten konnten um bis zu 85 Prozent verkürzt werden. Ob der DDMRP-Ansatz mit einer idealen Transportauslastung konform geht, wurde leider nicht untersucht. Konsequent zu Ende gedacht könnte DDMRP jedoch langfristig zu weniger benötigten Transportkapazitäten führen, so dass die gesamte Supply Chain dahingehend verschlankt werden könnte.

Voraussetzung zur Umsetzung

Die Umsetzung von DDMRP zur Planung der Supply Chain dürfte für viele Unternehmen mit viel Vorarbeit verbunden sein. Grundvoraussetzungen sind eine hinreichend transparente Supply Chain sowie ein dem Materialfluss entgegengesetzter Informationsfluss, um die einzelnen Stationen bedarfsgerecht wieder „aufzufüllen“. Dies setzt eine weitrechend vernetzte Kommunikationsstruktur voraus, die alle Beteiligten des Lieferketten-Netzwerkes erreicht. Realisieren lässt sich dies mittels modernster Technologie bzw. IT: Damit kann nicht nur der Material- sondern auch der Informationsfluss transparent und in Echtzeit gemangt werden.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist ein agiles und flexibles Reagieren auf Nachfrageveränderungen möglich. Das Resultat ist sowohl eine höhere Kundenzufriedenheit, da Waren kurzfristig bereit gestellt werden können, als auch eine Steigerung der finanziellen Rentabilität durch eine erhöhte Planungssicherheit.

 

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2 Kommentare

Jürgen Roger 27. August 2018 - 13:40

Ein sehr informativer Artikel. Vielen Dank.

Antworten
Redaktion 31. August 2018 - 10:05

Vielen Dank für Ihr Lob, es freut uns, dass Ihnen der Beitrag gefallen hat. Herzliche Grüße Ihr HSC-Blog-Team

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