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Neue Seidenstraße: Chance für die Logistik?

von Claus

Die „One Belt, One Road“ Initiative ist eines der größten Infrastrukturprojekte der vergangenen Jahrzehnte und hoch umstritten. Doch was verbirgt sich hinter dem Mega-Projekt der chinesischen Regierung? Und welche Auswirkungen ergeben sich auf die (Cross-Border-)Logistik?

Das Projekt „Neue Seidenstraße“

In Anlehnung an die historische Seidenstraße, ist die seit 2013 aktive Belt and Road Initiative (BRI) der Volkrepublik China ein gigantisches Infrastrukturprojekt. Im Kern geht es dabei um den Auf- und Ausbau eines interkontinentalen Handels- und Infrastrukturnetzes zwischen China auf der einen Seite und Ländern Afrikas, Asiens und Europas auf der anderen Seite. Insgesamt sollen 100 Länder von der Initiative betroffen sein, da diese neben dem Weg nach Europa auch den Seeweg über Indonesien und die arabischen Länder bis hin nach Afrika umfassen soll. Aktuellen Schätzungen zur Folge soll der Handel entlang der neuen Seidenstraße knapp 40 Prozent des Welthandels abdecken – ein Großteil über den Seeweg.

Um dieses Mammut-Projekt zu realisieren, ist die Rede von einem Investitionsvolumen von über 900 Milliarden US-Dollar. Damit sollen das Schienennetz, Straßen, Häfen und Flughäfen, aber auch Einrichtungen wie Krankenhäuser entlang der neuen Seidenstraße gebaut bzw. erweitert werden.

Neue logistische Knotenpunkte

Grundsätzlich geht es bei der BRI um die Schaffung neuer logistischer Knotenpunkte entlang der verschiedenen Infrastrukturstrecken. Dadurch soll eine bessere Verbindung an das Hinterland geschaffen werden, um dieses an das globale Handelsnetz anzuschließen.

  • Seefracht:

Schon heute wird mehr als die Hälfte der verschifften Container aus Asien über die sogenannte „maritime Seidenstraße“ geleitet. Im Rahmen der Initiative soll diese nun z.B. durch die Schaffung von Tiefwasserhäfen weiter ausgebaut werden. Die geplanten Transportlinien reichen entlang der chinesischen Küste durch ganz Südostasien, den Mittleren Osten, das ostafrikanische Dschibuti und weiter nach Tansania und über den Suezkanal bis hin nach Europa, zum griechischen Hafen Piräus und schließlich bis nach Triest in Italien.

  • Schienenverkehr

Bereits seit 1990 bestehet eine knapp 11.000 Kilometer lange Bahnverbindung zwischen Rotterdam und der ostchinesischen Hafenstadt Lianyungang in der Provinz Jiangsu. Auch entlang dieser Strecke sollen zahlreiche neue Knotenpunkte geschaffen werden. Innereuropäische Projekte, wie beispielsweise der Ausbau der Bahnlinie Belgrad-Budapest oder Verbindungen auf der Adria-Baltikum- und der Adria-Nordsee-Achse zahlen zusätzlich auf die Erweiterung der Kapazitäten ein. Im vergangenen Jahr erreichten beispielsweise wöchentlich bis zu 35 Güterzüge aus Fernost Duisburg, nach 12 Tagen Fahrtdauer. DB Cargo kündigte darüber hinaus an, bis zum kommenden Jahr die Transportkapazitäten Richtung China weiter zu erhöhen. 100.000 TEU sollen dann auf der Seidenstraße via Schiene transportiert werden.

  • Landweg

Der Landweg mit seiner teilweise sehr schlechten Infrastruktur spielt auf der Seidenstraße aktuell eine nur sehr untergeordnete Rolle. Auch im Rahmen der BRI liegt der Fokus nicht auf dem Ausbau des Landweges. Die Führsprecher des Straßentransports wollen dies jedoch ändern und sprechen von Transportzeiten von unter 10 Tagen. Durch den Wettbewerb mit dem Schienenverkehr sollen auch die Kosten sinken. Ob sich der Landverkehr jedoch gegen den wesentlich kostensensitiveren Seeweg durchsetzen wird bleibt fraglich.

Seeweg bleibt Transportlinie Nummer 1

Auch wenn die BRI ebenfalls Projekte für den Ausbau der Luftfracht beinhaltet, fokussieren sich die Aktivitäten doch ganz klar auf den Land- und Seeweg. Schätzungen zu folge, werden aktuell 90 Prozent des Seidenstraßenhandels per Seefracht abgewickelt, ein Prozent via Land und die restlichen 9 Prozent entfallen auf Luftfracht. Experten gehen davon aus, dass sich dieses Bild auch in naher Zukunft nicht ändern und der Landweg ein Nischenprojekt bleiben wird, auch wenn der Transport per Schiene oder Land nur ca. zwei Wochen dauert und somit wesentliche Geschwindigkeitsvorteile bietet. Die Kosten für den Transport sind wesentlich höher, als auf dem Seeweg. Für Unternehmen, mit zeitkritische Lieferketten wird darüber hinaus stets der Transport per Luftfracht die erste Wahl sein.

Europäische Projekte fördern Ausbau

Zahlreiche Länder unter anderem auch EU-Staaten wie Ungarn, Polen, Bulgarien, Griechenland, Portugal und Italien haben sich der BRI angeschlossen. Darüber hinaus gibt es jedoch auch innereuropäische Projekte, um die Infrastruktur an die sich wandelnden Warenströme anzupassen. Welche Auswirkungen und Effekte die chinesische Initiative, gepaart mit den europäischen Projekten auf die Lieferketten hiesiger Unternehmen haben werden, kann im Detail noch nicht abgesehen werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich für Unternehmen enorme Zeit und Kostenvorteile ergeben werden. So konstatiert eine Studie der Universität Antwerpen, dass der Transport bei der Nutzung der maritimen Seidenstraße von Shanghai über Triest nach München zehn Tage schneller ist, als auf der Nordroute – 33 Tage lang war die Fracht auf See, bevor sie in den Zielhafen einlief.

Die BRI ist ein enormes Vorhaben, dem sich immer mehr Länder anschließen. Der Wert für den Warenverkehr und die logistischen Abläufe dürfte immens sein. Schon jetzt zeigen sich die Auswirkungen auf die Warnströme zwischen Europa und China bzw. China und Europa, mit positiven Effekten für Unternehmen.

Unsicherheiten in Bezug auf den Partner China, der mit der Initiative nicht nur wichtige wirtschaftliche Impulse setzt, sondern sich auch an geopolitisch wichtigen Standorten positioniert, führen jedoch dazu, dass viele Länder und auch die EU davon absehen sich aktiv an der BRI zu beteiligen.

 

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4 Kommentare

Christopher Seidel 19. Februar 2021 - 7:39

Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen

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Anne Harms 23. Februar 2021 - 11:18

Vielen Dank für Ihr positives Feedback. Falls Sie nach der Lektüre Fragen oder Themenwünsche haben, kommen Sie gerne jederzeit unter fragen@hermes-supply-chain-blog.com auf uns zu. Wir freuen uns stets über Anregungen der Leserschaft. Alles Gute wünscht Ihnen das HSC-Blog Team

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Tobias Stengel 28. Januar 2020 - 16:42

Folgender fiktiver Fall:

Ein Unternehmen betreibt Außenhandel mit Warenverkehr innerhalb der EU und hat den Grenzwert zur Meldepflicht für die Intrahandelsstatistik (vgl. http://www.intrastat-service.de/info.html ) für das statistische Bundesamt erreicht. Die ersten beiden monatlichen Meldungen wurden jedoch versäumt. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten für eine solche Meldepflicht und ist hier mit Bußgeldern zu rechnen?

Vielen Dank für eure Auskünfte

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Redaktion 30. Januar 2020 - 12:36

Lieber Herr S., als rechtliche Grundlage dient für den von Ihnen genannten (fiktiven) Fall das Bundesstatistikgesetz. Unter 4.4 des Leitfadens sind die Folgen von Verstößen genannt: Demnach stellt die Nicht-Meldung eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Es besteht jedoch die Möglichkeit der rückwirkenden Meldung. Sollte sich eine Nachmeldung nötig werden, steht Ihnen das Team von Hermes International gerne mit seiner Expertise zur Seite. Nutzen Sie dazu gerne das Kontaktformular. Die Kollegen melden sich dann direkt bei Ihnen. Herzliche Grüße Ihr HSC-Blog-Team

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