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„Sesam öffne dich“: Alibabas Tore zum Global E-Commerce

von Claus

Die chinesische Alibaba Group beschreibt sich selbst als „the world’s largest retail commerce company”. Auch in Deutschland wird der große E-Commerce-Player aus Fernost zunehmend bekannter. Doch welche Dienstleistungen laufen im Kosmos der weltweit tätigen Unternehmensgruppe zusammen? Wir stellen die wichtigsten Marktplätze für den digitalen Handel sowie den integrierten Bezahldienst Alipay vor und geben einen Ausblick auf Alibabas Vision vom Seamless Shopping.

Dies ist Teil eins der dreiteiligen Serie „Chinas Giganten – Diese Unternehmen erobern den globalen E-Commerce“.

Fast 40 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz und mehr als 600 Millionen aktive Kunden: Die jüngsten Zahlen der Alibaba Group aus dem Jahr 2018 lesen sich beeindruckend. Chinas führender E-Commerce-Konzern zählt zu den wertvollsten börsennotierten Unternehmen der Welt – und wird hierzulande oftmals als chinesisches Pendant zu Amazon gesehen. Dabei ist der Internet-Gigant aus dem Reich der Mitte viel mehr als nur eine große Handelsplattform.
Unter dem Dach der Alibaba Group laufen die Geschäfte von rund 210 Tochtergesellschaften zusammen, die in den Bereichen E-Commerce, Internetinfrastruktur und Finanzdienstleistungen tätig sind und weltweit Produkte sowie Dienstleistungen anbieten. Damit hat der Gründer Jack Ma, ein ehemaliger Englischlehrer aus der chinesischen Stadt Hangzhou, in den vergangenen 20 Jahren ein eigenes Ökosystem für den digitalen Handel geschaffen, in dem Kapital und Knowhow gebündelt an einem Ort bleiben und vernetzt werden. Zum weit verzweigten Imperium gehören mehrere Online-Marktplätze sowohl für Endkunden als auch für Unternehmen, mit Hunderten Millionen Nutzern.

Alibaba.com: Das E-Commerce-Portal für weltweiten Großhandel

Für deutsche Händler, die Ware direkt von chinesischen Herstellern beziehen möchten, ist die englischsprachige Webseite Alibaba.com eine

Bild: Alibaba Jack Ma

Alibaba-Gründer Jack Ma. Bild: www.alibabagroup.com

zentrale Anlaufstelle. Der 1999 gegründete Marktplatz konzentriert sich auf den B2B-Handel und vernetzt deutsche Unternehmen mit chinesischen Herstellern. Das Warenangebot ist mit Kategorien von Elektronik über Haus und Garten bis hin zu Beauty und Pflege sehr umfassend. Ergänzend dazu bietet Alibaba.com verschiedene Supply-Chain-Services an, darunter Zollabwicklung, Handelsfinanzierung und Logistikdienstleistungen. Der Marktplatz für den Großhandel war der erste Geschäftsbereich im Alibaba-Kosmos. Ausgehend von dieser Plattform hat Jack Ma den Firmennamen der heutigen Unternehmensgruppe erdacht. Angelehnt an Alibaba und die 40 Räuber aus der orientalischen Märchensammlung Tausendundeine Nacht sollte sich über die neue Website wie mit einem „Sesam öffne dich“-Effekt das Tor zu fremden Märkten auftun und der globale Online-Handel ermöglicht werden. Der Großhandelsmarktplatz hat auch einen chinesischsprachigen Ableger, der in www.1688.com umbenannt wurde und ebenfalls auf das B2B-Geschäft abzielt.

Direkt verkaufen an chinesische Verbraucher – über Tmall

Den direkten Draht zu Online-Shoppern in China haben deutsche Unternehmen über den mittlerweile riesigen Marktplatz Tmall. Die Handelsplattform gilt als beliebtes E-Commerce-Werkzeug und eignet sich wie die konkurrierende Webseite JD.com für den Markteintritt. Zusammen mit JD.com deckte Tmall im vierten Quartal von 2018 bereits 85 Prozent des gesamten chinesischen E-Commerce-Marktes ab. Insbesondere beim sogenannten Singles Day am 11.11. eines jeden Jahres, an dem Unternehmen ihre Kunden mit stark reduzierten Produkten in einen wahren Kaufrausch versetzen, werden stetig neue Umsatzrekorde erwirtschaftet. So verbuchte der Mutterkonzern Alibaba 2018 innerhalb von 24 Stunden ein beeindruckendes Handelsvolumen in Höhe von 30,7 Milliarden Dollar. Inzwischen nutzen nicht nur große deutsche Marken und Unternehmen, sondern auch kleinere Online-Händler Tmall für den grenzüberschreitenden E-Commerce. Neben einer großen Anzahl aktiver Kunden profitieren sie von eingespielten Infrastrukturen und können sich selbst beispielsweise auf Bereiche wie Produktbeschaffung oder Werbung konzentrieren. Im Detail wird ausländischen Unternehmen auf zweierlei Arten Zutritt zum chinesischen Markt gewährt: Auf Tmall Global können Händler, die keine Niederlassung in China haben, ihre Ware grenzüberschreitend verkaufen. Mit Tmall Classic richtet sich Alibaba an Unternehmen, die bereits online- und offline im Reich der Mitte verkaufen und eine entsprechende Verkaufslizenz sowie Ladengeschäfte besitzen.

Taobao Marketplace: Die Social-Commerce-Plattform für Endkunden

Äußerst beliebt, jedoch für den grenzüberschreitenden E-Commerce zu vernachlässigen, ist die Social-Commerce-Plattform Taobao Marketplace mit dem Schwerpunkt C2C-Einzelhandel. Laut eigener Angaben wird der Online-Marktplatz von mehr als 60 Millionen täglich aktiven Nutzern genutzt, pro Minute sollen 48.000 Artikel verkauft werden. Als Händler treten hauptsächlich Einzelpersonen und kleine Unternehmen auf. Sie nutzen den Marktplatz, um ihre Ware ähnlich wie bei dem Online-Auktionshaus eBay an Verbraucher im chinesischsprachigen Raum, aber auch zunehmend im Ausland, zu verkaufen. Gefeilscht wird auf Taobao Marketplace allerdings nicht. Produkte gehen zum Festpreis über den digitalen Ladentisch. Im Mittelpunkt steht ein personalisiertes Einkaufserlebnis, das durch Big-Data-Analysen optimiert wird. Nutzer erhalten mit Echtzeit-Updates ausführliche Informationen über Produkte und Trends und können Händler direkt kontaktieren. „Táobǎo“ – der chinesische Firmenname lässt sich ins Deutsche mit „Schatz ausgraben“ übersetzen. Dieser spielerische Ansatz findet sich auch in einem Bewertungsystem wieder: Konsumenten erreichen – je nachdem, wie viel sie auf Taobao Marketplace kaufen – verschiedene VIP-Ebenen und erhalten Rabattangebote, die einen zusätzlichen Kaufanreiz bieten.

AliExpress – Weltweiter Online-Shop für den B2C-Bereich

Wer Produkte in geringer Stückzahl direkt aus China bestellen möchte, landet mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der chinesischen Versandseite AliExpress. Der 2010 gegründete Marktplatz, auf dem bislang nur Händler mit Sitz in China verkaufen dürfen, wird aufgrund besonders günstiger Preise auch in Deutschland immer populärer. Laut Medienangaben lassen sich deutsche Kunden jedoch wiederholt über eine relativ lange Lieferzeit aus China sowie mangelnde Qualität und auftauchende Fälschungen aus. Auch mit dieser Einzelhandelsplattform setzt der Mutterkonzern auf das Geschäftsmodell Drop Shipping: Bereit gestellt wird lediglich ein Online-Marktplatz für Händler und ihre Shops, die über AliExpress an Kunden in der ganzen Welt verkaufen.

Integriertes Mobile Payment – Der Bezahldienst Alipay

Für die Kunden auf allen Kanälen hält der Alibaba-Konzern mit Alipay seit 2004 eine integrierte Bezahlfunktion bereit. Das Besondere daran: Der Händler bekommt sein Geld erst dann ausgezahlt, wenn der Kunde den Erhalt der Ware und damit auch seine Zufriedenheit bestätigt. Mit dem Wachstum der großen Handelsplattformen im Alibaba-Kosmos ist auch die Akzeptanz für die Bezahlung via Smartphone enorm gestiegen. Mobile Payment ist in China so weit verbreitet wie in kaum einem anderen Land und aus dem Leben der chinesischen Konsumenten nicht mehr wegzudenken – auch weit über das Online-Shopping hinaus. Zusammen mit WeChat Pay, der Bezahl-App des chinesischen Internet-Unternehmens Tencent, deckte Alipay 2018 bereits 93 Prozent des gesamten mobilen Zahlungsverkehrs ab. Alipay ist auch auf dem deutschen Markt vertreten und ermöglicht beispielweise chinesischen Touristen das ungebremste Einkaufen mit einer vertrauten Zahlmethode.

Seamless Shopping – Die Zukunft des Handels

Neben dem Schwerpunkt auf E-Commerce ist die Alibaba-Unternehmensgruppe auch führend in den Geschäftsbereichen Cloud Computing, künstliche Intelligenz und Big Data. Durch die innovative Verbindung dieser Geschäftsbereiche soll der Handel von morgen wegweisend gestaltet werden. Alibaba nennt das Seamless Shopping und verlagert den gesamten Einkaufsprozess ins Internet, um seinen Kunden ein nahtloses Einkaufserlebnis zu ermöglichen. Dafür wird der digitale Handel wieder stärker mit dem stationären Einzelhandel, aber auch mit personalisierten Diensten zusammengeführt. Alibaba wächst mit den eigenen Plattformen und übernimmt auch andere Marktplätze wie zuletzt Lazada für den südostasiatischen Raum. Das langfristige Ziel ist, eine weltumspannende E-Commerce-Plattform zu schaffen. Aktuell liegt der Fokus noch auf dem südostasiatischen Markt, jedoch ist die Alibaba-Unternehmensgruppe auch in Afrika und Lateinamerika aktiv. Der chinesische E-Commerce-Riese investiert darüber hinaus in Europa und baut aktuell in der belgischen Stadt Lüttich ein Logistikverteilzentrum mit riesigen Lagerflächen von 220.000 Quadratmetern. Die neue Infrastruktur soll zunächst für den Versand von europäischen Waren nach China eingesetzt werden, lässt sich zukünftig aber auch für den umgekehrten Warenstrom von China nach Europa nutzen.

Für deutsche Hersteller und Händler kann es von Vorteil sein, mit Alibaba zu arbeiten, um dessen Abläufe wie zum Beispiel die Zahlungsabwicklung per Alipay oder die Logistik über die Alibaba-Tochter Cainiao kennzulernen. Wer es schafft Fuß zu fassen, kann von dem enormen Potenzial profitieren und sich somit langfristig Wettbewerbsvorteile sichern.

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