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Singles Day in China – Herausforderung für Logistikdienstleister

von Claus

Während die US-Shopping-Events Cyber Monday und Black Friday immer beliebter werden, ist der chinesische Singles Day bei Konsumenten hierzulande eher unbekannt. Dabei ist der 11. November in den vergangenen Jahren zum umsatzstärksten Tag der Welt avanciert, mit beispiellosen Auswirkungen für die Logistik.

Das größte E-Commerce-Event der Welt ist der Singles Day in China. Erstmals in den 90iger Jahren als „Junggesellentag“ gefeiert, erwirtschaftete er im vergangenen Jahr allein auf der Plattform Alibaba einen Rekordumsatz von 17,8 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Cyber Monday und Black Friday setzten in den USA im vergangenen Jahr zusammen 6,73 Milliarden US-Dollar um. Bis zum Abschluss des 24-stündigen Spektakels erwarben allein bei Alibaba rund 100 Millionen Menschen zahlreiche Waren. 37 Prozent der chinesischen Konsumenten kauften dabei internationale Markenprodukte. Am meisten Ware verkauften unter anderem Unternehmen aus Japan, den USA, Südkorea, Australien und Deutschland.

In diesem Jahr konnten die Zahlen noch einmal gesteigert werden: Allein in den ersten 60 Minuten verkaufte Alibaba Produkte im Wert von 10 Milliarden US-Dollar. Der Gesamtumsatz belief sich schließlich auf 25,38 Milliarden US-Dollar, ein Plus von mehr als 7,6 Milliarden US-Dollar.

Wir besuchten das Hermes-Logistikzentrum in Kelsterbach sowie das Lufthansa Cargo Center in Frankfurt am Main und sprachen mit Carsten Riedel, Head of Branches Frankfurt und Leipzig bei Hermes Germany, über die Auswirkungen des Großevents für die hiesige Logistik.

Welche Volumen fertigen Sie in Kelsterbach an normalen Tagen ab?

Carsten Riedel: Normalerweise fertigen wir am Standort Kelsterbach zwischen 800 und 1000 Paketen am Tag ab.

WelchPaket auf dem Laufband bei Hermes in Kelsterbach, Copyright: Hermes Germanyen Einfluss hat der 11/11 auf Ihr Tagesgeschäft?

Carsten Riedel: Die Auswirkungen sind enorm. In diesem Jahr hat sich das Volumen im Vergleich zum letzten Jahr verzwanzigfacht. In den vergangenen Tagen haben wir in der Spitze 22.000 Pakete innerhalb von 24 Stunden abgefertigt. Im Schnitt waren es 20.000 Pakete pro Tag.

Ein derartiger Anstieg der täglichen Fracht muss selbstverständlich sorgfältig vorbereitet werden. Daher richteten wir bereits im Vorfeld zum 11/11 einen Großteil unseres Tuns auf diesen Tag aus: Die Vorbereitungen haben bereits ca. 3 Monate im Vorfeld begonnen. Wir starteten mit dem Buchen der Kapazitäten bei den Airlines und endeten beim Planen der Schichten für die hiesigen Mitarbeiter.

Wie erklären Sie einen derartigen Anstieg des Frachtvolumens? 

Carsten Riedel: Zum einen konnten im Laufe des letzten Jahres namenhafte Kunden für uns gewinnen. Und zum anderen schließen sich immer mehr Händler dem Singles Day an, daher werden die Mengen jedes Jahr größer. Der erneute Umsatzrekord bestätigt unsere Prognosen.

Was ändert sich im Rahmen eines solchen Events? Wie lange hält dieser Ausnahmezustand an?

Carsten Riedel: Insgesamt arbeiten für den 11/11 wesentlich mehr Personen im Büro und im Lager als gewöhnlich. Darüber hinaus sind Kollegen von Hermes und BorderGuru aus Hamburg sowie ein Kollege von Canaio (AliBaba) aus China unterstützend vor Ort.

Die Veränderungen im Lager sind darüber hinaus signifikant. Wir haben uns im Vorfeld auf 14 Tage im Dreischichtbetrieb eingestellt. Das heißt, das 20-24 Stunden pro Tag Pakete abgefertigt werden können. In diesem Jahr wurde ein verlängertes Zu- und Ablaufband an die Waage montiert, so dass mehr Kollegen parallel arbeiten können. Dadurch konnten wir die Ware schneller als geplant abfertigen und können auf Wochenendschichten verzichten.

Wir rechnen mit nun mit einem Anhalten dieses Zustandes für ca. 10 Tage nach 11/11. Dann geht es aber fast nahtlos über in den Black Friday (24.11.), gefolgt von dem 12/12 (einem ähnlichen Event, das ebenfalls von Alibaba bzw. Alipay initiiert wird). Schlussendlich planen wir mit einem fortdauernden großen Volumen bis Weihnachten.

Wann und in welchem Rahmen haben Sie sich auf den Singles Day vorbereitet? 

Gabelstapler in einer Lagerhalle von Hermes zum Singles Day in China Copyright: Hermes Germany

Carsten Riedel: Wir arbeiten seit ca. 3 Monaten für 11/11. Es herrscht hierzu ein reger Austausch zwischen den beteiligten Parteien: Unserem Lagerdienstleister Sovereign, der online Plattform für E-Commerce BorderGuru, den Airlines wie z.B. Lufthansa Cargo und Hermes. Im Vorfeld wurden Prozesse, Frachtkapazitäten und SetUps besprochen. Durch unsere präzise Vorbereitung konnten wir die Fracht für 11/11 schneller als geplant abfertigen.

Die Waren werden vom Logistikzentrum zum Lufthansa Cargo Center am Frankfurter Flughafen und dann weiter nach China transportiert. Wie koordinieren Sie solche Mengen mit Ihrem Partner Lufthansa Cargo?

Carsten Riedel: Hier sind wir in engem Austausch mit der Lufthansa Cargo. Einen Teil der Fracht können wir über unsere generellen Vorbuchungen, die wir während des Winterflugplans fest gebucht haben, verfliegen. Weitere Mengen verfliegen wir durch Zusatzbuchungen.

In den vergangenen Jahren traten neben Fashion und IT-Produkten auch Kosmetik- und Babyerzeugnisse, wie Babynahrung und Wasserfilter ihre Reise von Deutschland nach China an.  Für welche Branchen könnte es künftig ebenfalls interessant sein, sich auf dem chinesischen Markt zu positionieren?  

Carsten Riedel: Zukünftig könnten Lebensmittel, aber auch Tiernahrung interessante wachsende Branchen sein. Generell sind viele Produkte aus Deutschland in China käuflich zu erwerben. Welche Branchen hier erfolgreicher sein werden, als andere ist schwer zu sagen. Wir gehen aber von Wachstum in allen Bereichen aus.

Wie unterstützt Hermes Germany Unternehmen dabei?

Carsten Riedel: Die Hermes Germany unterstützt Kunden neben dem reinen Transport von Deutschland nach China zum Endkunden auch mit Mehrwertdienstleistungen wie Verzollung oder Lagerlösungen. Darüber hinaus bieten wir eine Beratung an, wie der Markteintritt am besten durchgeführt werden kann und welche Marktplätze für den Einstieg am geeignetsten sind. Wir verstehen uns in diesem Sinne als ganzheitlicher Partner im E-Commerce.

Vielen Dank für das Gespräch!

Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Das Hermes-Lager in Kelsterbach: Als Folge des 11/11 werden 10 Tage lang täglich bis zu 22.000 Pakete abgefertigt.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Alle Pakete werden einzeln gescannt, um deren Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Im Anschluss werden die Pakete je nach Bestimmungsort in größere Kartons, sogenannte „Units“ umgepackt.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Die Units warten nun auf ihren Transport vom Lager in Kelsterbach zur Hermes Cargo City Süd, nahe des Flughafens.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
In der Cargo City werden die Units abhängig von ihrem späteren Standort im Flugzeug, passend auf Flugbleche geladen.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Die Fracht wird in Folie gehüllt und ein Netz sorgt für den festen Stand aller Units während des Transports.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Die fertigen Flugbleche stehen für die Weiterfahrt ins wenige Minuten entfernte Lufthansa Cargo Center bereit.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Im Lufthansa Cargo Center wird die Fracht gewogen und schließlich…
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
…auf das Vorfeld gebracht, von wo die Waren zum Flieger transportiert werden.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Auf dem Rollfeld werden die Pakete in die Maschine gehoben und in den Laderaum des Fliegers transportiert.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Um eine optimale Auslastung & Gewichtsbelastung zu realisieren, muss eine vorgegebenen Reihenfolge eingehalten werden.
Ecommerce in China mit Auswirkungen auf Logitstikdienstleister Foto: Hermes Germany/ARH
Gut gesichert können die Pakete nun ihre Reise nach China antreten.

Weitere Informationen zum Singles Day finden Sie hier.

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