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Q&A: Wie trägt Supply Chain Visibility zur Optimierung von Logistikprozessen bei?

von Maren Jannen

Die Komplexität globaler Lieferketten und die Notwendigkeit, mit einer Vielzahl von Partnern und Stakeholdern zusammenzuarbeiten, verstärken die Bedeutung von Supply Chain Visibility (SCV). In unserem Q&A erklärt Ralf Boelicke, Head of Product & Partnermanagement bei Hermes International, was notwendig ist, damit Unternehmen SCV gewinnbringend einsetzen können, und welche Herausforderungen bei der Implementierung einer Sichtbarkeitsstrategie gemeistert werden müssen.

Wie profitieren Unternehmen von einer durchgehenden Supply Chain Visibility?

Ralf Boelicke: Mit der Globalisierung haben sich Lieferketten über Kontinente hinweg ausgedehnt, wodurch die Komplexität der Netzwerke zugenommen hat. Supply Chain Visibility ermöglicht es Unternehmen, Transparenz über alle Ebenen und Prozesse der Wertschöpfungskette zu schaffen, und zwar vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden. Die fortschreitende Digitalisierung und die kontinuierliche Analyse von Lieferkettendaten sind entscheidend für die Identifizierung von Trends, die Vorhersage von Nachfrageschwankungen sowie die Optimierung der Supply-Chain-Performance. Unternehmen, die in SCV-Strategien investieren, können einen signifikanten Wettbewerbsvorteil erzielen, indem sie effizienter und reaktionsschneller als die Konkurrenz werden. Eine durchgehende Sichtbarkeit der Lieferkette steigert die Planungsgenauigkeit und sorgt so für eine optimierte Lagerhaltung, pünktliche Lieferzeiten, eine schnellere Markteinführung und nicht zuletzt für eine bessere Kundenbetreuung.

Wie funktioniert Supply Chain Visibility genau?

Ralf Boelicke: Für die Realisierung von SCV ist die strategische Implementierung fortschrittlicher Informations- und Kommunikationstechnologien notwendig, damit Daten aus verschiedenen Quellen entlang der Lieferkette – einschließlich Lieferanten, Logistik, Produktion und Distribution – nahtlos integriert und analysiert werden können. Diese Datenintegration ermöglicht Echtzeit-Einblicke in den Status von Beständen, Bestellungen und Lieferungen und fördert die Zusammenarbeit zwischen Stakeholdern.

Ein Schlüsselelement ist beispielsweise das Internet of Things, dass mittels RFID-Tags und GPS-Tracking präzise Informationen über den physischen Zustand von Waren und deren Bewegungen liefert. Durch die Anwendung etwa von Advanced Analytics oder Business Intelligence Tools werden aus den gesammelten Daten dann nutzbare Insights gewonnen.

Wie können Unternehmen den Erfolg ihrer SCV-Initiativen messen?

Ralf Boelicke: Es gibt verschiedene KPIs, anhand derer Unternehmen den Erfolg ihrer SCV-Bemühungen messen können, wie zum Beispiel eine Verbesserung der Lieferpünktlichkeit, die Reduzierung von Lagerbeständen, eine Erhöhung der Transparenz oder Kundenzufriedenheit. Vor allem die SCOR-Modellmetriken (SCOR = Supply Chain Operation Reference) wie Zuverlässigkeit, Reaktionsfähigkeit, Agilität und Kosten sind hier von entscheidender Bedeutung. Fortgeschrittene Leistungsindikatoren umfassen beispielsweise Time-to-Recovery (TTR) bei Störungen, den Perfect Order Index (POI), der die Fehlerfreiheit von Aufträgen misst, oder den IDOS (Inventory Days of Supply), der die Effizienz des Lagerbestandsmanagements bewertet.

Kann SCV das Risikomanagement verbessern?

Ralf Boelicke: Im Kontext des Risikomanagements  können Unternehmen mit einer durchgehenden SCV Vulnerabilitätsbewertungen durchführen und Risikominderungsstrategien entwickeln. Die Analyse von Echtzeitdaten ermöglicht es, potenzielle Störungen wie Lieferverzögerungen oder Qualitätsprobleme frühzeitig zu erkennen. Ein fortschrittliches Konzept innerhalb der SCV-Strategie ist beispielsweise der Digitale Zwilling, eine virtuelle Abbildung der physischen Supply Chain. Digitale Zwillinge nutzen IoT und KI, um Echtzeitsimulationen und Analysen durchzuführen, die es ermöglichen, potenzielle Risiken zu identifizieren, präventive Wartung zu planen und die Auswirkungen von Änderungen in der Lieferkette zu prognostizieren, bevor sie physisch implementiert werden. So können Verantwortliche Szenarioanalysen durchführen und die besten Handlungsstrategien identifizieren, um Risiken zu minimieren und die Resilienz ihrer Supply Chain zu verbessern.

Wie wirkt sich eine umfassende SCV auf die Nachhaltigkeitsbemühungen aus?

Ralf Boelicke: Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, nachhaltige Praktiken einzuführen und ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung nachzukommen. Mit SCV erhalten sie einen detaillierten Einblick in die Umweltauswirkungen von Lieferkettenaktivitäten. Durch die Echtzeitdatenerfassung mittels IoT und die Anwendung von Carbon Footprint Tracking beispielsweise können Emissionen entlang der Supply Chain identifiziert und Strategegien zur CO2-Reduktion implementiert werden, die auf dem Prinzip der drei Säulen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Wirtschaft und Soziales) basieren. Durch die transparente Dokumentation von Umweltmanagementpraktiken und die Rückverfolgbarkeit von nachhaltig beschafften Materialien fördert SCV zudem die Einhaltung  von Nachhaltigkeitszertifizierungen wie ISO 14001.

Welche Herausforderungen sind mit der Implementierung von Supply Chain Visibility verbunden?

Ralf Boelicke: Zu den Herausforderungen zählen unter anderem die Integration heterogener Systeme und Datenquellen, die Datensicherheit, die Skalierbarkeit der Lösungen sowie die Überwindung organisatorischer Silos. Auch sind Investitionen in technische Innovationen sowie in den Auf- und Ausbau von Fachkompetenz erforderlich. Die Anpassung an veränderte Marktbedingungen stellt Unternehmen vor die Aufgabe, ihre Systeme fortlaufend zu evaluieren und aktualisieren.

Angesichts des großen Potenzials steht jedoch außer Frage, dass die Zukunft der Logistik in der weiteren Integration von fortschrittlichen Technologien, Datenqualität und -analyse liegt. Dazu zählt die Entwicklung offener und kollaborativer Plattformen für eine noch umfassendere und tiefere Sichtbarkeit. Auch KI und Maschinelles Lernen werden in zunehmendem Umfang für Vorhersagen und automatisierte Entscheidungen eingesetzt werden. Unternehmen sollten mit diesen Entwicklungen Schritt halten und sind dabei nicht auf sich allein gestellt: Als erfahrener Logistikdienstleister beraten und begleiten wir bei der Implementierung der notwendigen Tools sowie der weiteren Arbeit mit Supply Chain Visibility. In einer zunehmend vernetzten und wettbewerbsintensiven Welt ist SCV keine beliebige Option mehr, sondern eine Notwendigkeit für Unternehmen, die in ihrem Markt führend sein möchten.

Herr Boelicke, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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Ralf Boelicke, Head of Product & Partnermanagement bei Hermes International

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