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Dekarbonisierung: Scope-3-Emissionen erfolgreich senken

von Editorial Office

Verbraucher*innen und gesetzliche Vorgaben wie die ESG-Berichterstattung fordern Unternehmen verstärkt zu einer Dekarbonisierung des gesamten Wertschöpfungsprozesses auf. Viele Unternehmen überwachen bisher jedoch lediglich ihre Scope-1 und Scope-2-Emissionen: den direkten CO2-Ausstoß im eigenen Unternehmen und den indirekten durch Energielieferanten. Die Scope-3-Emissionen der vor- und nachgelagerten Supply Chain dagegen werden noch unzureichend erfasst. Der Grund: Die Kontrolle und Steuerung des CO2-Ausstoßes einer Lieferkette ist ein komplexer Prozess, in dem viele Hebel gleichzeitig bedient werden müssen. Wir zeigen anhand einiger Beispiele, an welchen Stellen und mit welchen Maßnahmen Unternehmen ansetzen können.

Emissionen in der Lieferkette bestimmen ökologischen Fußabdruck

Eine Studie der Boston Consulting Group von 2021 weist nach, dass die Scope-3-Emissionen für mehr als die Hälfte des weltweiten Treibhausgasausstoßes sorgen und für bis zu 80 Prozent des CO2-Footprints eines Produktes verantwortlich sind. Die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks kann einem Unternehmen demzufolge nur dann gelingen, wenn es in seine Nachhaltigkeitsbestrebungen nicht nur das eigene Geschäftsfeld, sondern die gesamte Lieferkette einbezieht.

So gelingt die Dekarbonisierung der Supply Chain:

  1. Umdenken bei Einkauf und Beschaffung

Die Dekarbonisierung der Supply Chain ist sehr viel herausfordernder als die des eigenen Geschäftsfeldes. Eine Lieferkette besteht ihrem Wesen nach aus einer Vielzahl von Unternehmen, die auf verschiedenen Tier-Ebenen als Zulieferer agieren – jedes davon trägt zum CO2-Footprint des Abnehmers oder Endherstellers bei. Folglich ist es für Unternehmen am Ende der Supply Chain nur begrenzt möglich, Emissionen zu tracken oder Einfluss auf die Emittenten in der Lieferkette zu nehmen.

Eine erfolgreiche Scope-3-Reduktion erfordert an dieser Stelle:

  • Die Aufnahme von CO2-Tracking und Emissionssteuerung als festes Kriterium bei der Auswahl von direkten Lieferanten
  • Eine strategische Lieferantenentwicklung, die eine Messung und Steuerung der Scope-1-und 2-Emissionen bei den Zulieferern zum Ziel hat
  • Gemeinsame Zielvereinbarungen, die zur Senkung der Scope-3-Emissionen bis in alle Glieder der nachgelagerten Lieferkette anstreben
  • Eine konsequente Entwicklung der digitalen Supply Chain mit dem Ziel des kollaborativen Emissions-Trackings
  • Den Aufbau eines hohen Kooperationsgrades zwischen den Akteuren in der Lieferkette
  1. Logistik effizient gestalten

Die Wahl der Transportmittel und die Länge des Transportweges sind für die Dekarbonisierung der Supply Chain entscheidende Kriterien. Besonders bei der Warenbewegung auf der langen, oftmals interkontinentalen Strecke per See- oder Luftfracht entsteht ein Großteil der Scope-3-Emissionen. Hier können Unternehmen direkten Einfluss nehmen, indem sie die einzelnen Transportabschnitte fortlaufend auf den jeweiligen Ausstoß analysieren und optimieren. Das kann zum Beispiel durch eine bessere Auslastung der Container geschehen – ein effizientes Frachtmanagement spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Wirkungsvolle Möglichkeiten beim Transport auf der Straße:

  • Der Einsatz von Lang-Lkw mit mehr Ladekapazität ermöglicht Tests zufolge CO2-Einsparungen von bis zu 20 Prozent.
  • Die optimale Auslastung von Fahrzeugen führt zu einem geringeren Verkehrsaufkommen und damit zur Senkung der Emissionen. Um zum Beispiel die Volumina großer LKW mit 2,60 Höhe voll auszulasten, kann der Umstieg von einer Paletten-Ladehöhe von 1,05 Metern nach CCG1-Standard auf 1,20 Meter hohe Paletten nach EUL1-Standard erwogen werden.
  • Ein vermehrter Umstieg auf Bahn- und Binnenschifftransporte zu den Containerseehäfen wirken sich ebenfalls positiv auf die Reduktion der Scope-3-Emissionen aus.
  • Die Transformation zu fossilfreien Treibstoffen durch eine steigende Nutzung von Elektromobilität und Wasserstoff-Brennstoffzellen in der Logistik ist ein entscheidender Baustein der Dekarbonisierung.
  1. Supply Chain Management und CO2-Tracking nutzen

Um die CO2-Steuerung der gesamten Lieferkette zu ermöglichen, ist ein methodisch fundiertes CO2-Tracking unerlässlich. Für zuverlässige Ergebnisse bedarf es höchstmöglicher Transparenz und einer zertifizierten Berechnungslogik. Bewährt hat sich dabei zum Beispiel die Verbindung einer SCM-Plattform mit einem Business-Intelligence-Tool. Auf eine eingehende Analyse der einzelnen Abschnitte der Supply Chain folgt die Entwicklung eines geeigneten Maßnahmenkatalogs zur CO2-Reduktion. Mithilfe der Supply Chain Management-Plattform lässt sich im Folgenden die Wahl der Verkehrsträger optimal auf die Nachhaltigkeitskriterien ausrichten und steuern.

  1. Digitale Transformation vorantreiben

Ein bedeutender Faktor bei der Dekarbonisierung ist die Steuerung von Prozessen mithilfe digitaler Methoden. Ein Beispiel dafür ist der digitale Zwilling, mithilfe dessen ein digitales Modell der physischen Supply Chain von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung erstellt wird. Anhand der End-to-End gesammelten Daten lässt sich mit dem Digital Twin ohne direkten Eingriff in die laufenden Prozesse ein energie- und emissionssparendes Liefermodell entwickeln. Das optimierte Liefermodell trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck der Produkte über die gesamte Wertschöpfungskette zu reduzieren. Darauf basierend ist es möglich, die Produktion hinsichtlich Verschwendung und Auslastung zu optimieren sowie die Lieferkette nach Kriterien der Ressourcennutzung und Nachhaltigkeit auszurichten.

  1. Moderne Produktionsverfahren einsetzen

Je kürzer die Supply Chain, desto geringer die Emissionen. Doch ist eine Rückverlagerung der Produktion in geografisch nähere Regionen aufgrund der Produktionskosten nicht immer möglich. Eine Alternative bieten moderne Technologien wie die additive Fertigung, die per 3D-Druck eine kosteneffiziente Herstellung von Produkten vor Ort erlaubt. Die Methode trägt zu einer erheblichen Verkürzung der Lieferkette bei und reduziert den Materialverbrauch, da nur tatsächlich notwendige Mengen eingesetzt werden. Laut einer Studie des Digitalbranchenverbands Bitkom setzte 2021 fast jedes zweite Unternehmen mit 100 oder mehr Beschäftigten 3D-Druck in der Produktion ein und sorgte damit für geringeren Rohstoffeinsatz und weniger Transport über lange Distanzen.

  1. Kreislaufwirtschaft fördern

Auf dem Weg zu einer verschwendungsarmen und CO2-reduzierten Herstellung ist die Transformation von linearen zu zirkulären Beschaffungsmodellen ein wichtiger Meilenstein. So gehört zu einem der Ziele des Europäischen „Green Deal“ der „Aktionsplan Kreislaufwirtschaft“, in dessen Rahmen Recycling- und Reduktionsziele bei der Verwendung und dem Verbrauch von Materialien bis 2030 gefordert werden. In der Circular Economie werden in Produkten enthaltene Materialien wieder in den Materialkreislauf integriert, statt sie zu entsorgen. Das führt auch dazu, dass weniger Rohstoffe und Vorprodukte über lange Strecken transportiert werden müssen – auch das sorgt für weniger CO2-intensive Belieferung und damit zur Senkung der SCOPE-3-Emissionen des Unternehmens.

  1. Transformation  strategisch verankern

Für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Lieferkette und eine wirkungsvolle Senkung der SCOPE-3-Emissionen bedarf es nicht zuletzt einer gemeinsamen Zieldefinition aller Akteure in der Lieferkette. Dazu gehört die feste Verankerung der Emissionskontrolle und -senkung in den strategischen Unternehmenszielen. Nur durch eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens und seiner Lieferkette kann der Wandel hin zu einer umweltbewussten Wertschöpfung vollzogen werden.

Noch mehr über Strategien für eine grüne Lieferkette erfahren Sie in unserem 15. Hermes Barometer “Green Supply Chain Management, hier zum kostenlosen Download:

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