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Für flexible Lieferketten: Diese Synergien bilden Lean- und Agile-Strategien

Supply Chain Management

von Maren Jannen

Das Lieferketten-Management umfasst sämtliche Schritte, um ein Produkt oder eine Dienstleistung von der Herstellung bis zum Endverbraucher zu liefern. Dabei gilt: Je länger und komplexer eine globale Supply Chain ist, desto größer ist auch das Risiko für Störungen zwischen der Rohstoffgewinnung und dem Point of Sale (POS). Wie also können sich Unternehmen möglichst resilient aufstellen, um auf volatiles Verbraucherverhalten und sich schnell verändernde wirtschaftliche Bedingungen reagieren zu können? In unserem Blogbeitrag stellen wir die Modelle Lean und Agile für das Supply Chain Management vor und erklären, wie Unternehmen mit einem hybriden Ansatz von den Vorteilen beider Strategien profitieren können.

Lean-Strategien im SCM – die Vorteile

Der Lean-Ansatz zielt darauf ab, Prozesse möglichst schlank und effizient zu gestalten. Die Kernidee besteht darin, unnötige Ressourcen und Aktivitäten zu eliminieren, um Kosten zu senken und gleichzeitig die Qualität zu erhöhen. Idealerweise werden in einer Lean Supply Chain große Warenmengen zu niedrigen Kosten produziert. Dies setzt Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit voraus: Mitunter wird die Produktion auf Monate oder Jahre im Voraus geplant, statt sie an die aktuellen Marktbedingungen anzupassen. Das Lean-Modell eignet sich daher für Produktarten, die funktionell, langlebig und dauerhaft sind und über eine konsistente, vorhersagbare Nachfrage verfügen.

Die schlanke Lieferkette soll alles Überflüssige vermeiden. Die Vorteile einer Lean-Strategie im SCM sind daher unter anderem:

  • Kosteneffizienz,
  • reduzierte Lagerbestände,
  • effektive Ressourcennutzung,
  • höhere Prozessgeschwindigkeit,
  • kürzere Durchlaufzeiten
  • und die Minimierung von Engpässen.

Ein Nachteil des Lean-Ansatzes ist jedoch, dass Unternehmen zwar überaus effizient arbeiten, auf unerwartete Nachfrageschwankungen oder Veränderungen am Markt jedoch nur begrenzt reagieren können. Hier kommen daher die Agile-Strategien ins Spiel.

Agile-Strategien im SCM – so profitieren Unternehmen

Agile Strategien stammen ursprünglich aus der Softwareentwicklung und sind auf die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität der Lieferkette ausgerichtet. Im Fokus steht die Notwendigkeit, schnell auf Veränderungen der Ausgangssituation reagieren zu können – die Planungszyklen sind kürzer und Entscheidungen können auch dezentral getroffen werden. Dafür kommen oft Technologien wie Predictive Analytics, Prognosealgorhitmen oder Datenanalyse zum Einsatz, die Verantwortliche dazu befähigen sollen, fundierte Echtzeit-Entscheidungen zu treffen.

Eine Agile Supply Chain reagiert unmittelbar auf das tatsächliche Kaufinteresse, statt es zu prognostizieren. Der Ansatz eignet sich für Produktarten, die trendgesteuert und kurzlebig sind und über eine marktbasierte, volatile Nachfrage verfügen. Die Vorteile einer Agilen Lieferkette sind unter anderem:

  • Kundenzentrierung,
  • hohe Anpassungsfähigkeit,
  • schnelle Markteinführung,
  • Transparenz
  • und Risikoreduzierung.

Ein Nachteil von Agile ist jedoch, dass Preise für bestimmte Warengruppen, abhängig von der aktuellen Nachfrage, in die Höhe getrieben werden können.

Lean oder Agile – welcher Ansatz passt zum eigenen Unternehmen?

Die Wahl einer passenden SCM-Strategie hängt häufig von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise von der Branche, in der ein Unternehmen tätig ist, sowie von spezifischen Herausforderungen in der Lieferkette. Um herauszufinden, welcher Ansatz für das eigene Supply Chain Management am besten passt, helfen folgende Fragen:

  • Welche Art von Produkten oder Dienstleistungen werden angeboten, und wie stark sind sie von Nachfrageschwankungen betroffen?
  • Wie gut funktioniert die aktuelle Lieferkette? Gibt es Engpässe, Verzögerungen oder Lieferschwierigkeiten?
  • Wie schnell kann auf Kundenbedürfnisse reagiert werden?
  • Wie groß ist der Wettbewerb, und wie schnell ändern sich die Marktbedingungen?
  • Gibt es im Unternehmen bereits andere Bereiche, in denen nach dem Lean- oder Agile-Prinzip verfahren wird?
  • Welche konkreten Risiken können mit dem jeweiligen Modell für das Unternehmen verbunden sein?
  • Welche langfristigen Ziele verfolgt das SCM, und welcher Ansatz unterstützt diese Ziele besser?

Häufig kommt nicht nur ausschließlich ein singuläres Modell für ein Unternehmen infrage – muss es auch nicht. Waren die Ansätze Lean und Agile einst konträre Philosophien, bilden sie inzwischen ein synergetisches Duo: In der Praxis können Verantwortliche daher auch eine hybrides Modell in ihrer Lieferkette anwenden und von einer leistungsstarken Symbiose profitieren. Dies wird auch als „LeAgile“-Strategie bezeichnet. Doch wie funktioniert dies im Detail?

LeAgile: So können die Lean und Agile Supply Chain miteinander fusionieren

Die erfolgreiche Kombination von Lean und Agile erfordert eine sorgfältige Planung sowie die Fähigkeit, flexibel auf veränderte Bedingungen zu reagieren. Zunächst sollten Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen segmentieren: Indem klare Kriterien und Richtlinien zur Klassifikation in die Lean- oder Agile-Kategorie erstellt werden, können auch die jeweiligen speziellen Anforderungen zugeordnet werden.  Für Produkte mit stabilen Nachfrageverläufen und geringer Volalität bieten sich Lean-Prinzipien an, um eine effiziente Bestandsführung zu gewährleisten. Dazu zählen die Just-in-Time-Lieferungen, die Minimierung von Verschwendung und die Verschlankung von Prozessen. In Bereichen wiederum, in denen die Nachfrage volatil und schwer vorhersehbar ist, zahlt sich das Agile-Modell aus.

Durch den unterschiedlichen Umgang mit den klassifizierten Produkten erfordert der hybride Ansatz auch differenzierte Lager- und Beschaffungsstrategien. Generell sichert die Entwicklung eines starken Lieferantennetzwerks eine zuverlässige Versorgung mit den benötigten Rohstoffen, Kompenenten und Dienstleistungen ab. Gerade bei kritischen Fällen sollten langfristige Partnerschaften aufgebaut werden, um eine stabile Belieferung aufrechtzuerhalten. Alternative Zulieferer oder auch flexibele Vereinbarungen wiederum schaffen den nötigen Spielraum, um auf plötzliche Unterbrechungen oder Nachfrageschwankungen reagieren zu können.

Entscheidend für das Hybridmodell aus Lean und Agile ist auch die Vernetzung der Supply Chain sowie die Echtzeitdaten-Erfassung von verschiedenen Logistikpartnern, Lieferanten und Kunden in einer einzigen, einheitlichen SCM-Plattform. Die Einführung von IoT-Sensoren und fortschrittlichen Datenanalysen ermöglicht Unternehmen eine Überwachung und Kontrolle der Prozesse in Echtzeit sowie die Erstellung von Prognosen, die Engpässen entgegenwirken. Mithilfe digitaler Tools kann das gesamte Netzwerk transparent gemacht werden – Verantwortliche können Verschwendung von Ressourcen, Überbestände, aber auch Nachfrageschwankungen und Marktveränderungen kontrollieren und von einer schnelleren Reaktionsfähigkeit profitieren. Ein kontinuierliches Monitoring sowohl der Lean- als auch der Agile-Komponente in der Lieferkette ist unerlässlich, um die Strategien bei Bedarf anpassen zu können.

Fazit: Lean und Agile – Strategien für adaptive Lieferketten

Unternehmen stehen vor komplexen Herausforderungen: Sie müssen in der Lage sein, rechtzeitig auf Veränderungen und volatiles Verbraucherverhalten zu reagieren, kosteneffizient wirtschaften und gleichzeitig eine hohe Servicequalität aufrechtzuerhalten. Für einen möglichst schlanken Betrieb und eine schnelle Reaktion auf Kundenbedürfnisse bietet sich daher das Hybridmodell aus Lean und Agile im SCM an. Die synergetische Kombination der beiden Ansätze kann den Unterschied zwischen Stillstand und Erfolg ausmachen und eine Supply Chain schaffen, die nicht nur rentabel, sondern auch äußerst anpassungsfähig und kundenorientiert ist. Die Zukunft des SCM liegt in der geschickten Balance zwischen Prognose und Echtzeitdaten, zwischen Effizienz und Flexibilität.

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