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Strategie vor Fläche: Bei der Schaffung von Lagerkapazitäten am Prozess orientieren

von Claus

Nicht nur in den USA, auch in Deutschland nehmen die Serviceversprechen der Händler und damit auch der Zeitdruck für Logistikdienstleister stetig zu. Das Warenangebot wächst ebenfalls kontinuierlich – und dass bei knappen Lagerkapazitäten. In einem Gastbeitrag erklärt Kuno Neumeier, CEO des Beratungsunternehmens Logivest, worauf Unternehmen bei der Flächenplanung achten sollten.

Lagerkapazitäten: Konkurrenz in den Ballungsräumen

Der bereits bestehende Flächenmangel hat sich infolge des Corona-Lockdowns und der Zuwächse im E-Commerce nochmals verschärft: Zahlreiche Akteure wollen ihre Flächen erweitern, um im Fall von Lieferschwierigkeiten ausreichend Ware vorrätig zu halten. Denn der Zugang zu ausreichend großen zusammenhängenden Flächen ist einer der wichtigsten Schlüssel für effizientere Wege, kürzere Lieferdauern und für mehr ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit. Tatsächlich sorgt jedoch der Flächenmangel dafür, dass zahlreiche Logistikakteure gar nicht mehr wie geplant expandieren können und sich vor allem nach der Angebotslage richten.

Wenn aktuell eine ausreichend große Logistikfläche in einem Ballungsgebiet auf den Markt kommt, schlagen die meisten Unternehmen sofort zu – schließlich ist die Furcht, dass ihnen ein Konkurrent zuvorkommt, durchaus begründet. Auf lange Sicht ist das jedoch der falsche Weg. Denn diese Spontanreaktion ist weder effizient noch günstig und die ohnehin begrenzten Flächen werden häufig nicht ideal genutzt.

Den Prozess in den Mittelpunkt stellen

Gerade in einer derart angespannten Situation wie der aktuellen, ist eine fundierte Prozessplanung elementar. Damit ist die Entwicklung einer skalierbaren Lager-, Kommissionier- und Auslieferungsstrategie gemeint, die dazu geeignet ist, die wachsende Warenflut auch in den kommenden Jahren zu bewältigen. Erst im zweiten Schritt sollten die passenden Lagerkapazitäten in den Immobilientypen geschaffen werden, die zu dieser Strategie passen.

Um dies zu bewerkstelligen, ist eine ausführliche Standort- und Immobilienanalyse notwendig, bei der insgesamt mehr als 30 Schlüsselfaktoren berücksichtigt werden. Auf dieser Basis ergibt sich eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage. Für Onlinehändler und andere Verlader kann dabei beispielsweise ermittelt werden, ob die hauseigene Logistikpräsenz vor Ort erweitert oder ob nicht besser ein Dienstleister in Anspruch genommen werden sollte. Für einen Dienstleister wiederum kann unter anderem die Frage geklärt werden, ob eine Mietlösung oder eine Immobilie zur Selbstnutzung das Mittel der Wahl sind. Stehen diese standort- und immobilienbezogenen Präferenzen einmal fest, können Standorte anschließend systematisch ermittelt und gesichert werden.

Unterschiedlicher Bedarf – gleiche Problemstellung

Natürlich sind die Prozesse und die zugrunde liegenden Planungen genauso komplex wie individuell. Schließlich hat jedes Unternehmen eigene Warensortimente, Service-USPs und Lieferkonditionen, welche die Flächennachfrage prägen. Zudem unterscheidet sich die Ausgangssituation teilweise deutlich: Ein Online-Pure-Player, der den Markteintritt in einer bestimmten Region plant, hat einen völlig anderen Bedarf als ein stationärer Händler, der neben seinen Ladengeschäften auch eine Onlinepräsenz aufbauen möchte.

Die Flächenknappheit betrifft hingegen alle Akteure gleichermaßen. Und so ist das Fehlerpotential bei geplanten Angebotserweiterungen oder regionalen Expansionsbestrebungen relativ hoch. Bei selbst genutzten Immobilien handelt es sich gar um einen wichtigen Posten in der Firmenbilanz, der sowohl Wachstumsimpulse freisetzen als auch zur Kostenfalle werden kann – je nachdem, wie gut das zugrundeliegende Lieferkonzept erdacht wurde.

Es zeigt sich, dass eine Expansion, die sich zu stark an der Angebotslage orientiert, dafür sorgt, dass wichtige Opportunitäten übersehen werden. Umgekehrt kann es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, eine stimmige und skalierbare Strategie erst nach und nach, aber dafür umso konsequenter umzusetzen.

Eine Basis für übergreifende Standards?

In den USA und anderen Logistikmärkten ist dieses Prozessdenken bereits deutlich stärker etabliert, weshalb auch die Entwicklung von Standards weiter fortgeschritten ist. Trotz des Flächenmangels wäre dies meiner Meinung nach auch hierzulande durchaus machbar. Mehr noch: In Zukunft könnten Unternehmen ihre Standards miteinander vergleichen und im Hinblick auf die Lagerkapazitäten sogar Synergien eingehen.

Denkbar ist beispielsweise eine Halle, in der drei verschiedene Textilhändler ihre Waren lagern und von der aus Filialen oder Endkunden durch ein- und dasselbe Transportunternehmen beliefert werden. Dadurch würden sich für eine komplexe logistische Aufgabe die Kosten minimieren und auch der innerstädtische Warenverkehr würde reduziert: Eine Win-win-Situation für Händler und Kunden.

Dies ist ein Gastbeitrag von Kuno Neumeier, CEO der Logivest GmbH, einem Beratungsunternehmen mit Fokus auf Logistik- und Industrieimmobilien.

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