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CCWG: „Die Umweltauswirkungen von globalen Transporten senken“

von Claus

Die Clean Cargo Working Group (CCWG) als Zusammenschluss von über 80 führenden Verladern, Spediteuren und Frachtführern hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen in der Containerschifffahrt zu senken. Wir sprachen mit dem Verantwortlichen bei Hermes International (HINT) über die Ergebnisse des jüngsten Zusammentreffens der Gruppe sowie den künftigen Plänen der Brancheninitiative.

Die Mitglieder der CCWG decken aktuellen Zahlen zu Folge 85 Prozent der globalen Container-Lagerkapazität ab. Die daraus entstehende Stellung wollen die Mitglieder nutzen, um auf Basis standardisierter Methoden die Umweltbelastung der Containerschifffahrt zu messen und daraufhin die eigenen Lieferketten zu optimieren. Dominik Westerholt, Key Account Manager IT & Operations bei HINT, einem Geschäftsbereich von Hermes Germany ist seit einigen Wochen verantwortlich für die Zusammenarbeit des Hamburger Logistikdienstleisters mit der Initiative.

Herr Westerholt, vor wenigen Wochen fand das halbjährliche Treffen der Initiative statt. Was waren die drängendsten Themen der Teilnehmer?

Auf Grund der Corona-Pandemie fand das vergangene Treffen online statt. Im Fokus standen dabei drei Themenschwerpunkte:

  • Die Anpassungen und Verbesserungen in der Bilanzierung von Treibhausgasemissionen im Rahmen der Seefracht,
  • die ökologisch nachhaltige Beschaffung entlang der gesamten Lieferkette sowie
  • die Möglichkeiten zur Dekarbonisierung der Seeschifffahrt.

Es wurde auch die Bilanz für das Jahr 2019 vorgelegt. Welche Zahlen sind hier besonders hervorzuheben?

In der Tat ist die Bilanz erneut positiv ausgefallen und bestärkt uns in dem Weg, den wir eingeschlagen haben. Auch wenn durch das erhöhte Transportvolumen die für die Seefracht gemessenen CO2-Emissionen im vergangenen Jahr um 2 Prozent gestiegen sind, sind die CO2-Emissionen relativ zur Transportleistung deutlich gesunken.

Auf der für den europäischen Import essentiellen Tradelane zwischen Asien und Nordeuropa verzeichnete die CCWG beispielsweise eine Verbesserung des CO2-Faktors pro TEU-Kilometer um weitere 3 Prozent* – und setzt damit den Abwärtstrend der vergangenen Jahre fort.

Den größten Einfluss auf die Effizienz hatte darüber hinaus die durchschnittlich erhöhte Schiffskapazität und das Stilllegen älterer, kleinerer Schiffe sowie eine geschätzte Auslastung von über 70 Prozent. Das hohe Transportvolumen hat demnach die Gesamtemissionen gehoben, die Effizienzgewinne konnten einem starken Anstieg der Emissionen jedoch erfolgreich entgegenwirken.

*Mit Bezug zu Standardcontainern (ohne Kühlung/Reefer)

Blicken wir nun in die Zukunft: Welche Pläne hat die Initiative für die kommenden Jahre? Was sind die nächsten Ziele und wie sollen diese erreicht werden?

Im jüngsten Treffen der CCWG hat sich gezeigt, dass künftig noch stärker auf die Vernetzung mit Forschungsinstitutionen und weiteren Klimainitiativen der Branche gesetzt wird. Die sich daraus ergebenen Möglichkeiten gilt es dann natürlich engagiert zu nutzen.

Herausgestochen hat darüber hinaus die Motivation der Mitglieder, gemeinsam Pilotprojekte zu erarbeiten, die einen Weg zur Dekarbonisierung in der Schifffahrt aufzeigen können. Aufgrund der notwendigen Treibstoffe, der benötigten Technik und Infrastruktur sowie der damit einhergehenden notwendigen Finanzierung, ist dies ein komplexes Unterfangen, an welchem die Initiative in diesem Jahr aktiv arbeiten wird.

Neben dem Fokus auf den Seetransport selbst, hat die CCWG außerdem damit begonnen, ihren Mitgliedern eine Methodik an die Hand zu geben, mit denen sie schon bei der Lieferantenauswahl Umweltaspekte in die Gestaltung der Supply Chain einbinden können. Durch Umfragen können die CCWG Mitglieder einen Einblick in ihr Umweltmanagement geben und so einen Benchmark darstellen. Die Methodik ist noch recht jung und soll in 2020 ebenfalls weiterentwickelt werden.

Wie wird sich HINT an der Umsetzung der Vorhaben beteiligen? Welche Rolle spielt das Thema „Nachhaltigkeit“ grundsätzlich in Ihrem Unternehmen?

Als Teil der Otto Group ist es für uns imperativ, Wege zur Reduktion der Treibhausgasemissionen aufzutun. Die Otto Group hat sich das sehr ambitionierte Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu wirtschaften. Da Beschaffungstransporte einen erheblichen Teil der hierbei betrachteten Umweltbelastung ausmachen, sehen wir uns klar in der Pflicht, gemeinsam mit unseren Kunden Möglichkeiten zur Verbesserung der Klimabilanz zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu erarbeiten. Die Betrachtung der gesamten Supply Chain sowie die Optimierung der Effizienz und der Steuerung von Warenströmen sind dabei essentiell. Unsere Rolle ist und wird es auch künftig  sein, diese Bausteine zusammenzubringen und gemeinsam mit unseren Kunden nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Das aktuelle Hermes-Barometer zur Nachhaltigkeit im SCM hat bereits festgestellt, dass nur jedes fünfte Unternehmen seine Co2-Bilanz erfasst und ein umfassender Wandel in der Branche noch aussteht. 37 Prozent der Befragten gaben jedoch auch an, dass sie in Zukunft zunehmend auf die Verlagerungen der Produktionsstätten setzen sowie nationale oder lokale Ressourcen nutzen wollen, um die Supply Chain nachhaltiger zu gestalten.

Glauben Sie, dass es hier, auch durch die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie, zu einem langfristigen Umdenken kommen wird?

Ich glaube, dass einige Unternehmen eine Minimierung des Risikos durch zum Beispiel die Streuung ihrer Produktionsstätten und ihres Lieferantennetzwerks vornehmen werden. In Zukunft könnte wieder vermehrt auf die deutschen und europäischen Standorte von hier ansässigen Unternehmen gesetzt werden. Eine wesentliche und umfassende Verlagerung der Ressourcen sehe ich allerdings nicht.

Ein wirklich langfristiges Umdenken in Puncto Nachhaltigkeit kann jedoch durch Signale der Kunden bzw. Verbraucher oder Vorreiterunternehmen geschehen, die sich klar zu Standards für die Nachhaltigkeit verpflichten und auf lokale Ressourcen setzen.

Da Deutschland viele Einnahmen durch den Export von Waren erwirtschaftet, ist es schwierig, selbst keine langen Lieferwege in Kauf nehmen zu wollen, gleichzeitig jedoch Ware global zu versenden. Lokale Ressourcen sind daher ohne Frage ein sinnvoller Baustein für eine nachhaltigere Supply Chain. Wir müssen aber parallel dazu auch die Umweltauswirkungen von globalen Transporten senken. 

In wie fern wirkt sich nachhaltiges Wirtschaften, zum Beispiel durch die Einbindung lokaler Partner,  auch auf das Supply Chain Risikomanagement aus? Welche positiven Mitnahmeeffekte können Unternehmen Ihrer Meinung nach hier akquirieren?

Während der aktuellen Corona-Pandemie oder im Rahmen weiterer Krisen verringert die Einbindung lokaler Partner natürlich das Risiko von Lieferausfällen, im Vergleich zu dem (ausschließlichen) Bezug aus anderen Nationen. Auch die Rechtssicherheit ist bei der Zusammenarbeit mit lokalen Partnern höher oder zumindest leichter einzuschätzen. Zudem bedingt der Fokus auf nachhaltiges Wirtschaften auch die Notwendigkeit zur Transparenz zwischen den Unternehmen. Diese kann dazu führen, dass Risiken, die durch Lieferkettenpartner entstehen, frühzeitig identifiziert und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.

Ein effektiv kommuniziertes, nachhaltiges Wirtschaften kann darüber hinaus zu einer stärkeren Kundenbindung führen. Das kann in Krisen (oder auch bei kurzfristigen Lieferproblemen) für eine langfristig stabilere Nachfrage sorgen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten zu bewältigenden Herausforderungen, bei der nachhaltigen Ausgestaltung der Lieferkette? Worauf sollten Unternehmen besonders achten?

Kein Unternehmen wird alleine die großen Herausforderungen bewältigen können, welche die Veränderung unserer Umwelt mit sich bringt. Hierfür sind Kooperationen sowie auch politischer und gesellschaftlicher Wille und dementsprechendes Handeln notwendig.

Dennoch kann hier jedes einzelne Unternehmen, gemeinsam mit seinen Lieferkettenpartnern, einiges bewirken: Wesentlich sind die Messbarkeit der Bemühungen (z. B. durch CO2-Bilanzen und zusätzliche KPIs), die Analyse und Verbesserung des Beschaffungsnetzwerkes unter Einbezug von Umweltaspekten sowie eine Verbesserung der Nachfrageprognose.

Effizienzgewinne durch rechtzeitige Bestellung, bessere Konsolidierung und rechtzeitige Versendung können neben den positiven Auswirkungen auf den Unternehmensgewinn ebenso die Umweltbilanz verbessern. Die größte Herausforderung liegt hierbei, wie so oft, in der Abstimmung und der effektiven Zusammenarbeit der beteiligten Partner.

Herr Westerholt, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das gesamte Hermes-Barometer zum Thema „Nachhaltigkeit im Supply Chain Management“ können Sie hier kostenfrei herunterladen.

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