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ISO/IEC 27001: So schützt ein ISMS die digitale Supply Chain

von Maren Jannen

Im Rahmen globalisierter Warenströme verwandeln sich Lieferketten zunehmend in dynamische, datengesteuerte Systeme. Doch je vernetzter und komplexer eine Supply Chain, desto anfälliger ist sie auch für Disruptionen und Störungen: Die Digitalisierung gilt oftmals auch als Einfallstor für Cyberangriffe auf das Liefernetzwerk. Um das zu verhindern, sollte IT-Sicherheit in der DNA eines Unternehmens verankert und von Anfang an mitgedacht werden. Ein Informationssicherheitsmanagementsystem nach ISO/IEC 27001 kann dabei zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden. Erfahren Sie hier, welche Kriterien für die Zertifizierung relevant sind und was Unternehmen unmittelbar tun können, um sich besser gegen Cyberattacken zu schützen.

Mit einem ISMS nach ISO/IEC 27001 digitale Schwachstellen aufdecken

Moderne Lieferketten sind komplexe Systeme, die eine Vielzahl von Unternehmen, Lieferanten und andere Stakeholder in einer übergreifenden IT-Architektur verbinden. Mit einer erhöhten Vernetzung aller beteiligten Lieferkettenakteure geht in der Regel auch ein Anstieg der Schnittstellen einher – also jener Kommunikationsknotenpunkte, an denen Informationen wie beispielsweise Kontaktdaten, Frachtbriefe oder Zolldokumente elektronisch übermittelt werden. Die Krux dabei ist: Die digitale Koppelung macht jedes Glied der Supply Chain anfällig für Cyberangriffe. Einer Security-Studie des IT-Lösungsanbieters Ivanti zufolge sind viele Organisationen nur schwach für den Ernstfall vorbereitet: In Deutschland schreibt demnach nur etwa jeder fünfte Befragte seinem Team ein hohes Abwehr-Niveau zu.

Angesichts der wachsenden Gefahrenlage legen immer mehr Unternehmen in der Zusammenarbeit mit Lieferanten gesteigerten Wert auf Informationssicherheit: Ein nach ISO/IEC 27001  zertifiziertes Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS) kann hierbei ein echter Wettbewerbsvorteil sein. Die weltweit anerkannte Norm ISO/IEC 27001 ist für Unternehmen jeder Branche und Größe geeignet und wurde von der International Organisation of Standardization in Zusammenarbeit mit der International Electrotechnical Commission  (IEC) entwickelt. Sie verfolgt einen holistischen und risikobasierten Ansatz für die Implementierung, Überwachung, Wartung und ständige Optimierung eines ISMS. Mit der Zertifizierung können Unternehmen objektiv nachweisen, dass sie Verantwortlichkeiten und Prozesse in Bezug auf IT-Sicherheit klar geregelt und umgesetzt haben. Durch die High-Level-Struktur (HLS) ist die ISO/IEC 27001 zudem mit anderen Normen wie beispielsweise ISO 14001 oder ISO 9001 kompatibel. Die jeweils aktuellste Version der Normen kann über die ISO-Website abgerufen werden.

ISO/IEC 27001: Die Anforderungen für den Erhalt der Zertifizierung

Für ein ISMS nach ISO/IEC 27001 gibt es eine Reihe von Kriterien, die bei der Implementierung berücksichtigt werden müssen, um eine Zertifizierung zu erhalten. Einige der wichtigsten Anforderungen sind:

  • Definition, Entwicklung und Implementierung eines Informationssicherheitsmanagementsystems, das alle relevanten Informationssicherheitsrisiken und -anforderungen berücksichtigt
  • Erstellung einer Richtlinie, in der die Sicherheitsziele definiert sind
  • Identifizierung und Bewertung von Risiken
  • Ausbau der Schutzmaßnahmen gegen Cyberangriffe
  • Bestimmung und Einhaltung von Sicherheitsstandards und rechtlichen Vorgaben
  • Sicherstellung von Datenschutz und -integrität
  • Für den Ernstfall eines Cyberangriffs Festlegung von Verantwortlichen im Management und in den Fachbereichen
  • Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter*innen für ein verantwortungsbewusstes Handeln im Umgang mit Informationen und Daten
  • Umsetzung der entwickelten Schutzmaßnahmen und anschließende regelmäßige Audits und Überwachungen, um sicherzustellen, dass die Normvorgaben eingehalten werden
  • Kontinuierliche Verbesserungen, basierend auf den Ergebnissen der Audits und Überwachungen.

Unternehmen können ihre Normkonformität oder Konformität mit der Norm von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle überprüfen und verifizieren lassen. Die Zertifizierung hat eine Gültigkeit von drei Jahren, dennoch finden jährliche Überwachungsaudits statt. Durch die PDCA-Methode (Plan-Do-Check-Act) soll ein kontinuierlicher Optimierungsanspruch gewährleistet werden: Ein ISMS ist somit kein einmaliges Vorgehen, sondern ein permanenter Prozess.

Schutz der digitalen Lieferkette: ISMS als Teil des Risk Managements

Mit einer Zertifizierung nach ISO/IEC 27001 stärken Unternehmen immer wieder aufs Neue ihren Schutz vor Cyberangriffen und beugen gleichzeitig dem Verlust sensibler Daten und Informationen vor. Als integrales Teilgebiet des Supply Chain Risk Managements trägt das ISMS dazu bei, dass auch hochgradig digitalisierte Unternehmen ihre Lieferkette sicher managen können. Es identifziert und bewertet systematisch alle potenziellen Risiken im Zusammenhang mit der Vertraulichkeit und Integrität von Inhalten und ergreift gezielt Maßnahmen, um die Informationssicherheit zu stärken.

Eine umfassende IT-Sicherheitsstrategie zum Schutz der digitalen Supply Chain ist dabei nicht nur für große Unternehmen unerlässlich, sondern sollte auch für kleine und mittlere Unternehmen zu einer Priorität werden. „Von Hackerangriffen sind sämtliche Unternehmensgrößen betroffen. Da gerade in KMU die Sicherheitsvorkehrungen oft unzureichend sind, haben es Angreifer hier besonders leicht“, erklärt Johannes Mattes, IT-Sicherheitsexperte und Co-Founder der Byght GmbH. „Mit der Einführung eines ISMS wird ein Grundgerüst geschaffen, um die Informationssicherheit kontinuierlich zu verbessern, Risiken zu adressieren und den Status Quo immer wieder zu hinterfragen.“

IT-Sicherheit – was Unternehmen direkt umsetzen können

Cyberkriminalität kostet Betroffene weltweit viele Milliarden Euro – der internationale Warenverkehr ist hiervon nicht ausgenommen. Die Einführung eines ISMS inklusive ISO/IEC 27001-Zertifizierung ist ein Prozess, der sich für jedes Unternehmen lohnt, jedoch zunächst viel Zeit in Anspruch nimmt und Ressourcen bindet. Für ein solides Grundgerüst an Informationssicherheit können Unternehmen daher schon direkt erste Schritte umsetzen. Experte Johannes Mattes rät, mit diesen Maßnahmen zu starten: Der Aktivierung von Multi-Faktor-Authentifizierungen, umgehendes Patchen von IT-Systemen, regelmäßige (Offline-)Backups und nicht zuletzt der Sensibilisierung der Mitarbeiter*innen für die Security Awareness. Denn: Gut geschulte Mitarbeitende sind als menschliche Firewall die wichtigste Verteidigungslinie gegen Hackerangriffe.

Fazit: Wettbewerbsvorteile durch ein ISMS nach ISO/IEC 27001

Für die moderne Lieferkette mit ihrem unendlichen Datenfluss sind Transparenz, Nachverfolgbarkeit und softwaregestütztes Monitoring im Rahmen eines ISCM unerlässlich, um die Risiken für Cyberangriffe stark zu minimieren. Eine Zertifizierung nach ISO/IEC 27001 ist für Unternehmen ein wichtiger Nachweis dafür, dass sie ein angemessenes Niveau an IT-Sicherheit erreicht und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben, um Informationen und Daten bestmöglich zu schützen. Damit sichern sie sich nicht nur für ihre eigenen Prozesse ab, sondern verschaffen sich auch Wettbewerbsvorteile, indem sie ihre Reputation stärken sowie das Vertrauen ihrer Stakeholder erhöhen. Ein kontinuierlicher PDCA-Zyklus unterstützt zudem dabei, den dynamischen und sich ständig ändernden Herausforderungen im Logistik- und Cyberumfeld besser begegnen zu können.

 

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