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Nachhaltigkeit in der Supply Chain: „Keine Angst vor der Aufgabe“

von Editorial Office

Für eine dauerhafte Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit müssen Unternehmen ökologische und soziale Kriterien in ihre Zielsysteme und ihre Entscheidungen integrieren – dieser Meinung ist auch ein Großteil der 200 für das Hermes-Barometer befragten Logistikverantwortlichen (74 Prozent). Doch an welchen Stellen können Unternehmen ansetzen? Welche Maßnahmen sind besonders wirksam? Ein Interview mit Anna Schuldt, Business Analystin und Nachhaltigkeitsexpertin bei Hermes International, ein Geschäftsbereich von Hermes Germany.

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Anna Schuldt, Businessanalystin und Nachhaltigkeitsexpertin bei Hermes International

Frau Schuldt, das 15. Hermes-Barometer zum Thema „Green Supply Chain Management” hat gezeigt, dass die Relevanz einer nachhaltig gestalteten Lieferkette für die eigene Zukunftsfähigkeit des Unternehmens erkannt wurde. Rund die Hälfte der Entscheider*innen (56 Prozent) gab an, sich ambitionierte Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen gesetzt zu haben. Können Sie diese Ergebnisse aus Ihrer Praxis bestätigen?

Es findet aktuell ein Umdenken statt: Unternehmen wird zunehmend bewusst, dass eine Reduktion von CO2-Emissionen nicht nur für das Fortbestehen unseres Planeten existentiell ist. Auch damit einhergehende wirtschaftliche Faktoren rücken in den Fokus von Verantwortlichen.

Im Zuge dessen wird von Lieferant*innen eine transparente Lieferkette sowie die Übernahme von Verantwortung in Nachhaltigkeitsfragen eingefordert. Die Zielvorgaben der Unternehmen sind teilweise sehr ambitioniert und setzen zuweilen bereits das ab Januar 2023 inkrafttretende Lieferkettengesetz um. In Folge dieser Entwicklung setzen sich auch unsere Kund*innen verstärkt mit der Frage nach einer nachhaltigeren Lieferkette auseinander.

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Mit welchen Anliegen kommen Unternehmen auf Sie zu? Welche Fragestellungen tauchen besonders häufig auf?

Bei vielen Unternehmen lag die Reduktion von Emissionen bislang wenig bis gar nicht im Fokus von Optimierungsbemühungen. Es fehlt daher häufig an Transparenz: Wo und in welcher Menge entstehen Emissionen innerhalb unserer Lieferkette? In welchen Bereichen besteht Potential zur nachhaltigeren Ausgestaltung? Im ersten Schritt unterstützen wir unsere Kund*innen daher bei der Analyse vorhandener Daten und entwickeln im Anschluss eine individuelle Strategie für die Reduktion der CO2-Emissionen – oder weiterer Handlungsfelder.

Gibt es Abschnitte innerhalb der Supply Chain, bei denen sich besonders effizient CO2 einsparen lässt? Wenn ja, welche sind das und wie heben Unternehmen ihr Potential bestmöglich?

Da gibt es viele verschiedene Ansatzpunkte: Mit unserem Fokus auf individuelle Transportlösungen per See-, Luft, Schienen- und Straßenverkehr empfehlen wir unseren Kund*innen ein besonderes Augenmerk auf die lange Strecke zu legen. Hier entsteht ein Großteil des CO2s. Gleichzeitig haben unsere Kund*innen hier jedoch das Gefühl, die geringste Mitentscheidungskraft zu haben, weswegen es ihnen an Ideen zur Reduktion fehlt. An dieser Stelle gilt es anzusetzen.

Wir als internationaler Logistikdienstleister beschäftigen uns täglich mit diesem Abschnitt der Supply Chain und können unsere Kund*innen daher optimal beraten und unterstützen. Gemeinsam analysieren wir die Transportstruktur des Hauptlaufes, die Containerauslastung, die Nachläufe sowie die Lagerhaltung und decken so Optimierungspotential auf.

Darüber hinaus gibt es selbstredend noch zahlreiche andere Möglichkeiten, die Lieferkette nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten. Vor dem Hintergrund des aktuellen Zeitgeschehens sind Themen wie Near-Sourcing zum Beispiel wieder stärker in den Vordergrund gerückt. Neben anderen Vorteilen kann Near-Sourcing – also die Verlagerung der Geschäftstätigkeit in eine geographisch näher liegende Region – CO2-Emissionen verringern. Auch Slow-Fashion, Recycling oder Refurbishment (die Wartung, Aufbereitung und der Wiederverkauf hochwertiger Geräte/Hardware) können sinnvolle Ansätze sein, um Ressourcen zu schonen und Transportwege zu verkürzen.

Wie genau unterstützen Sie, von Hermes International, Unternehmen, die CO2 einsparen oder ihre Lieferkette grundsätzlich nachhaltiger gestalten möchten?

Wir von Hermes International arbeiten nach einem 3-Phasen-Modell: Analyse, Vermeidung, Verminderung. Anhand von Transportdaten unserer Kund*innen erstellen wir auf Wunsch eine entsprechende Analyse über unser Business Intelligence Tool.

Auf Basis dieses Überblickes entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kund*innen die Möglichkeiten der CO2-Vermeidung z.B. durch den Wechsel der Transportmodi, der besseren Auslastung von Containern oder auch einer smarten Lagerhaltungsstrategie.Darüber hinaus arbeiten wir aktuell daran, künftig verstärkt auf moderne, emissionsärmere Transportträger zu setzen sowie eine Kompensationsmöglichkeit in unseren Angeboten zu inkludieren.

Stichwort „Kompensation“: Die Kompensation von CO2-Emissionen gilt teilweise als „moderner Ablasshandel”. Welche Möglichkeiten haben Unternehmen hierbei – gibt es Qualitätsunterschiede? Worauf sollten Verantwortliche bei der Auswahl des Kompensationsanbieters achten?

Die Vermeidung von CO2 sollte bei den Überlegungen einer nachhaltigeren Lieferkette immer im Vordergrund stehen. Wenn alle Möglichkeiten zur Vermeidung ausgeschöpft sind, ist die zusätzliche Kompensation jedoch ein valides und effektives Mittel, CO2 zu vermindern.

Unternehmen, die ihre CO2-Emissionen kompensieren möchten, sollten bei der Auswahl des Anbieters auf den sogenannten Gold Standard achten und prüfen, ob die Prozesse z.B. TÜV zertifiziert sind. Wir von Hermes International arbeiten mit dem Hamburger Unternehmen Arktik zusammen. Arktik bietet viele verschiedene Klimaschutzprojekte, die sich nach den Sustainable Development Goals richten. Bei der Kompensation wird somit nicht nur CO2 eingespart, sondern unter anderem auch der Lebensstandard der lokalen Bevölkerung verbessert sowie die Artenvielfalt erhalten.

Eine hochwertige Kompensation muss dabei nicht immer kostenintensiv und kompliziert sein. Die Abwicklung über Arktik ist für Unternehmen beispielsweise ohne großen Aufwand zu realisieren. Die Mehrkosten zahlen sich aus mit einer enormen Wirkung: Nicht nur für die eigene Nachhaltigkeitsstrategie und der damit verbundenen Außenwirkung, auch für die Bevölkerung vor Ort, in dessen Projektgebiet die Kompensation eingesetzt wird.

Was raten Sie Unternehmen, die ihre Lieferkette nachhaltiger gestalten wollen? Wie können Verantwortliche in ein Green Supply Chain Management starten?

Den Startschuss geben Unternehmen bereits dann, wenn sie das Thema „Nachhaltigkeit“ oder „Green Supply Chain Management“ auf ihre Agenda nehmen. Ich rate Verantwortlichen darüber hinaus, keine Angst vor der Aufgabe zu haben. Es gibt viele Möglichkeiten die eigenen Prozesse nachhaltiger zu gestalten. Bevor man sich zu viel auf einmal vornimmt und schlimmstenfalls die Lust verliert, sollten Verantwortliche mit einer einzelnen Verbesserung beginnen und sich dann langsam, aber stetig voran arbeiten. Die Hauptsache ist, man beginnt: Jetzt!

Frau Schuldt, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Sie haben Fragen zur nachhaltigeren Ausgestaltung ihrer Lieferkette? Sie wollen aktiv werden und benötigen Beratung? Dann kommen Sie gerne direkt auf Anna Schuldt zu und senden ihr eine E-Mail unter: fragen@hermes-supply-chain-blog.com

Alle Ergebnisse des 15. Hermes-Barometers zum Green Supply Chain Management können Sie hier kostenfrei einsehen.

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