Home Insights Lehren aus der Pandemie: „Die Relevanz resilienter Supply Chains steigt“
Unsplash/Martijn Baudoin

Lehren aus der Pandemie: „Die Relevanz resilienter Supply Chains steigt“

von Claus

Die Corona-Pandemie hat teilweise zu massiven Disruptionen der Lieferketten geführt: Supply-Chain-Akteur*innen mussten angesichts von Materialengpässen, Produktionsstillständen und Lieferunterbrechungen schnell nach Lösungen suchen, um den Warenfluss sicherzustellen. Wir sprachen mit Tobias Ruscheweyh, Head of Branch bei Hermes International, einem Geschäftsbereich von Hermes Germany, über positive Learnings, die Unternehmen aus der Krise mitnehmen können, und über effektive Möglichkeiten zur Ausgestaltung resilienter Supply Chains.

tobias ruscheweyh

Tobias Ruscheweyh, Head of Branch bei Hermes International.

Die anhaltende Pandemie zeigt Unternehmen die Anfälligkeit der eigenen Lieferketten auf und stellt Logistikverantwortliche vor enorme Herausforderungen. Dennoch können und sollten sie wertvolle Erkenntnisse aus der Krise mitnehmen – welche genau sind das?

Die Pandemie hat gezeigt, wie fragil internationale Lieferketten sind und dass sie vielen (externen) Einflüssen unterliegen: Die pandemischen Auswirkungen sind in allen Bereichen der Supply Chain sicht- und spürbar.

Das Supply Chain Risikomanagement (SCRM) hat infolgedessen ebenso an Relevanz gewonnen wie die Notwendigkeit der transparenten Ausgestaltung der Lieferketten. Für Unternehmen hat es höchste Relevanz, die gesamte Lieferkette unter Einbeziehung von Produktion und Logistik transparent zu überwachen. Nur so stellen sie sicher, Optimierungspotential umfänglich und laufend zu identifizieren und ermöglichen Entscheider*innen reaktionsschnell und vor allem frühzeitig alternative Szenarien und Optionen zu ermitteln bzw. diese auch im Vorfeld zu erproben.

Ich denke, eines der wichtigsten Learnings ist es daher, dass sich Organisationen agil auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen und – wenn noch nicht geschehen – rasch die dazugehörigen Strukturen und Prozesse schaffen müssen, um weiterhin erfolgreich am Markt zu agieren.

Weitere Beiträge

Welche Schritte sollten Entscheider*innen auf dem Weg zur resilienten Supply Chain gehen, um dem eigenen Unternehmen selbst in Zeiten großer Unsicherheit Wettbewerbsvorteile zu sichern?

Ein fundiertes Supply Chain Risikomanagement ist hier unabdingbar. Ein detailliertes Monitoring vorab identifizierter Risikofelder sowie eine zielgerichtete und schnelle Verarbeitung sowie Adressierung von Informationen – im Idealfall automatisiert und mit klaren Zuständigkeiten – ist essentiell. Ziel sollte es sein, dass Verantwortliche und Lieferkettepartner schnellstmöglich über Veränderungen und Abweichungen innerhalb der Supply Chain informiert werden, um geeignete Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Für die Entwicklung präventiver sowie effektiver Notfallmaßnahmen ist eine vorangegangene Analyse wichtig: Welche Eintrittswahrscheinlichkeit ist gegeben und wie hoch sind im Schadensfall die Kosten? Entscheider*innen, die Antworten auf diese Fragen haben, können genau kalkulieren, welche Maßnahmen gewinnbringend sind und welche die Unternehmensperformance unter Umständen schmälern. Welche Prozesse letztlich zielführend sind, variiert mitunter deutlich, da dies sowohl von der Lieferkette als auch dem betroffenen Unternehmen abhängig ist.

Leser*innen, die mehr zur Einführung eines SCRM erfahren möchten, empfehle ich einen aktuellen Blogbeitrag zu dem Thema, in dem ich ausführlich auf die Implementation eines effizienten Supply Chain Risikomanagements eingehe.

Welche positiven Effekte zeigt die Pandemie auf die Digitalisierung von Lieferketten sowie das Supply Chain Risikomanagement?

Bereits bei unserem 13. Hermes-Barometer zum Thema „Transparenz in der Supply Chain“ stimmten 75 Prozent der befragten 200 Logistikverantwortlichen der Aussage zu, dass digitale Technologien von entscheidender Bedeutung sind, um bei künftigen Krisen über eine widerstandsfähige Lieferkette zu verfügen.

Der Benefit einer digitalisierten Lieferkette wurde demnach klar erkannt. Die Auswertung von Informationen und die Einleitung geeigneter Maßnahmen lässt sich manuell längst nicht mehr handeln. Die digitale Überwachung und Steuerung der Supply Chain ist jedoch insbesondere im globalen Kontext sehr komplex. Wir raten und unterstützen unsere Kundschaft daher dabei, Digitalisierungslücken zu schließen und Prozesse sowie Informationsflüsse weitestgehend zu automatisieren.

Die vergangenen eineinhalb Jahre haben gezeigt, dass die Abhängigkeit von einem einzigen Produktions- bzw. Beschaffungsstandort die Ausfallsicherheit von Lieferketten stark einschränken kann. Welche Bedeutung messen Sie künftig der Diversifizierung von Supply Chains bzw. Multiple Sourcing bei, wenn sich Unternehmen krisenfester aufstellen wollen?

Schon vor der Corona-Krise zeichnete sich eine Tendenz ab, dass Unternehmen einen multiregionalen Ansatz bei der Beschaffung und Produktion anstreben, um etwa der Abhängigkeit von China entgegenzuwirken. Südostasien hat in diesem Kontext zum Beispiel an Bedeutung gewonnen – vor allem Beschaffungsmärkte wie Bangladesch oder Indien, in denen Lohn- und Sozialkosten noch weitaus niedriger sind, bieten großes Potenzial.

Eine gewisse Diversifikation ist grundsätzlich ratsam, um auch in Krisenzeiten handlungs- bzw. lieferfähig zu bleiben. Unternehmen sollten daher die geographische Ausdehnung ihrer Produktions- und Beschaffungsmärkte in Erwägung ziehen und ihre Beschaffungsmärkte auch geographisch näher, beispielsweise in Osteuropa, platzieren, um Lieferausfälle oder Engpässe durch kürzere Transportwege auszugleichen.Welche weiteren langfristigen Veränderungen könnten sich im Hinblick auf die Produktion, die Logistik und das Supply Chain Management ergeben?

Wir gehen davon aus, dass sich die Beschaffungsmärkte weiter gliedern werden. Mit einer größeren Diversifikation geht natürlich auch eine größere Anzahl von zu managenden Lieferkettenakteuren einher: Die Steuerung der Supply Chain wird infolgedessen beziehungsreicher und multidimensionaler.

Unternehmen, die aktuell über noch keinen ganzheitlichen SCM-Ansatz verfügen, sind gut beraten, jetzt aktiv zu werden, um den Anschluss nicht zu verlieren. Denn auch die Relevanz einer resilienten Supply Chain-Gestaltung wird mit den steigenden Einflüssen weiter zunehmen.

Beobachten Sie bei Hermes International im Zusammenhang mit der Pandemie veränderte Kundenanforderungen? Gibt es Dienstleistungen oder Services, die vermehrt nachgefragt werden?

In der Tat haben sich die Bedürfnisse unserer Kundschaft verändert: Zum einen möchten Unternehmen aktuell frühzeitig über alternative Transportlösungen und Services sprechen, um die eigene Geschäftsfähigkeit sicherzustellen.

Zum anderen ist das Interesse an unserem Supply Chain Risk Management Tool stark gewachsen, was den Bedeutungszuwachs eines effizienten SCRM noch einmal mehr untermauert.   

Vielen Dank für das informative Gespräch.

 

 Sie möchten mehr zum Thema Supply Chain Risikomanagement erfahren? In unserer zweiteiligen Webinarreihe erklären wir Ihnen gemeinsam mit riskmethods wie Sie Risikofelder in Ihrer Supply Chain identifizieren und ein effizientes SCRM implementieren.

Ähnliche Beiträge

Schreiben Sie einen Kommentar

* Wenn Sie dieses Formular nutzen, stimmen Sie unseren Datenschutzbestimmungen zu.