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Supply Chain Agility: Strategische Anpassungsfähigkeit im SCM

von Editorial Office

Lange Zeit organisierten Unternehmen die Prozesse der Fertigung, Beschaffung und Logistik nach den Prinzipien des Lean Managements. Schlank und kosteneffizient – so sollten Produktion und Lieferketten gestaltet sein, um Wettbewerbsvorteile und Gewinne zu maximieren. Angesichts herausfordernder Marktlagen gewinnen Modelle an Bedeutung, welche statt maximaler Effizienz die Faktoren Anpassungsfähigkeit, Sicherheit und Belastbarkeit in den Vordergrund stellen – Agilität ist also ein zentraler Erfolgsfaktor. Doch was ist Supply Chain Agility und wie können Unternehmen sie erfolgsteigernd einsetzen?

Lieferkettenstörungen erfordern neue Strategien

In der seit 2020 andauernden Weltwirtschaftslage mit einer Vielzahl an Produktionsengpässen und Störungsszenarien zeigt sich, wie grundlegend und erfolgsentscheidend eine neue Bewertung von Lieferkettenstrategien ist. So gab im Mai 2022 ein Großteil der befragten Unternehmen (77,2 Prozent) in einer Erhebung des ifo-Instituts an, unter Engpässen bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen zu leiden. Die Gestaltung agiler Lieferketten im Rahmen des Supply Chain Risk Managements gewinnt daher immer mehr an Bedeutung.

Agilität als wichtiger Faktor für das Risikomanagement

In einer globalisierten und von Abhängigkeiten geprägten Weltwirtschaft sind Risiken unvermeidbar. Unternehmen müssen potenzielle Störungen und Krisen zukünftig einkalkulieren und Wege finden, sie abzufangen. Das erfordert eine veränderte Sichtweise auf die Bereiche Produktion und Beschaffung: Nicht nur Kosteneffizienz und maximale Wirtschaftlichkeit sollten im Fokus stehen, sondern auch eine die Handlungsfähigkeit erhaltende Reaktionsfähigkeit im Störfall.

Was bedeutet Agilität im Supply Chain Management?

Agilität beschreibt die Fähigkeit eines Systems, schnell, effizient und aus sich selbst heraus auf interne und externe Veränderungen zu reagieren. Übertragen auf das Supply Chain Management bezeichnet der Begriff das Anpassungsvermögen von Unternehmen und Wertschöpfungsketten an die Volatilität der Wirtschaftsumgebung. Dazu gehört auch, die unmittelbaren Folgen von Störungen und akuten Marktveränderungen mit geeigneten Maßnahmen zuverlässig und durch teils radikale Umschwünge in der Prozessorganisation auffangen zu können.

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Bedeutende Faktoren für die Supply Chain Agility

Das frühzeitige Erkennen von Veränderungen ermöglicht rechtzeitige Reaktionen. Idealerweise entwickeln Unternehmen Strukturen, die selbstlernend agieren und so zunehmend präzisere Prognosen gewährleisten. Ebenso bedeutend ist die Flexibilität, mit der das Unternehmen Maßnahmen einleiten kann. Dazu gehören alle Produkt- und Prozessanpassungen, die intern sowie im Lieferanten-und Kundennetzwerk schnell zu verwirklichen sind. Der dritte Faktor ist die Umsetzungsgeschwindigkeit, mit der auch einschneidende Veränderungen in den entscheidenden Handlungsfeldern ohne Qualitätseinbußen vorangetrieben werden können.

So können Unternehmen ihre Supply Chain Agility steigern:

  • Lieferkettentransparenz. Schnelle Reaktion und Anpassung erfordern genaue und aktuelle Kenntnis des Marktgeschehens, potenzieller Störfaktoren sowie aller relevanten Prozesse im Unternehmen und der Unternehmensumgebung. Eine flexible Beschaffungsplanung ist nur durch permanentes Monitoring, der Ableitung von Frühindikatoren und permanenter Optimierung entlang aktueller Informationen möglich. Die Prüfung von Risiken sollte ein selbstverständlicher Prozess werden, um Transparenz in der Supply Chain zu erreichen.
  • Bestandsoptimierung. Strategische Sicherheitsbestände minimieren die Risiken von Störungen und Lieferengpässen. Fokussiert auf die Flexibilität ist eine Vorratsbeschaffung mit ausreichendem Puffer von Vorteil. Eine höhere Umsetzungsgeschwindigkeit bietet allerdings das Just-in-time-Verfahren. Es gilt also, die Beschaffungsarten differenziert und den jeweiligen Anforderungen entsprechend auszuwählen und optimal zu kombinieren
  • Lieferantenmanagement. Kooperationen sollten schon vor der Auswahl nach agilitätsorientierten Kriterien bewertet und so eine strategische Lieferantenentwicklung betrieben werden. Um eine an Flexibilität und Transparenz orientierte Zusammenarbeit zu gewährleisten, sind offene Kommunikation, gemeinsame Prozessentwicklung und partnerschaftliches Agieren ratsam. Gute Vernetzung und stetige Optimierung schaffen die Grundlage für die frühzeitige Identifikation von Störungen und schnelle Reaktionsfähigkeit.
  • Diversifikation: Die Reduzierung von Abhängigkeiten durch duale oder Multi-Sourcing-Strategien kann Ausfälle kompensieren und so Einschränkungen der eigenen Lieferfähigkeit vorbeugen. Alternative Lieferquellen sollten frühzeitig identifiziert werden. Da, wo es möglich ist, kann auch eine Leistungserstellung im regionalen Umfeld die Risiken senken. Für den Fall, dass kritische Teile und Materialien plötzlich nicht mehr verfügbar sind, sollten Notfallpläne etabliert werden.
  • Unternehmensorganisation. Auch Personaleinsatz, Wissensmanagement und Qualitätssicherung dienen der Agilität. Flexible Arbeitszeitmodelle sichern eine schnelle Reaktion auf Über- oder Unterkapazitäten. Eigenverantwortliche Projektgruppen und selbstregulierende Arbeitsstrukturen begleiten Veränderungsprozesse gezielt und ermöglichen vorausschauende Entscheidungen. Qualitätssicherung durch regelmäßige Auditions, Zertifizierungen und gemeinsame Standards entlang der Wertschöpfungskette garantieren Prozesstransparenz sowie zügige Nachbesserung.
  • Digitalisierung und Datenmanagement. Prozessketten sollten über die gesamte Wertschöpfungskette sichtbar gemacht werden. Dazu ist die systematische Einbindung aller Supply-Chain-Partner notwendig. Konsolidierte Daten – im Idealfall in Echtzeit erhoben – sind die Voraussetzung für Szenariorechnungen und präzise Analysen. Darauf basierende Forecastings ermöglichen wiederum vorausschauendes Handeln. Die Nutzung künstlicher Intelligenz lässt Muster bei der Marktvolatilität erkennen und macht Störungen für das Supply Chain Risk Management vorhersagbar.
  • Supply Chain Management. Ein präzises Instrument zum Erreichen von Supply Chain Agility ist die Etablierung eines auf Flexibilität, Transparenz und Umsetzungsgeschwindigkeit ausgerichteten Supply Chain Managements, unterstützt durch cloudbasierte Supply Chain Management Software. So werden die Sichtbarkeit und Vorhersagbarkeit aller physischen und digitalen Prozesse entlang der gesamten Lieferkette ermöglicht, eine höhere Prozessgeschwindigkeit erreicht und Risiken erfolgreich ausagiert.

Unternehmen, welche diese Empfehlungen beim Aufbau agiler Lieferketten berücksichtigen, werden in Ausnahmesituationen eher in der Lage sein, ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten und somit erfolgreich auf dem Weltmarkt zu agieren.

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